Schwierige Kunden, Situationen und Menschen
Zusammenfassung
Anstatt einer Einleitung
Exkurs: Fremdbild und Selbstbild
von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen
Konflikteskalation
Unsoziales Verhalten
Stark politisierte Umgebungen
Mangelhafte
Projektunterstützung
Aufruf an die Leser
Unmittelbar nach Online-Stellung dieser (jüngsten) Seite fand ich
die Suchbegriffe
"verbal aggressiver Arbeitskollege" in der Top-Liste meiner
Zugriffsstatistik. Später folgten andere vergleichbare
Suchbegriffe, die so ziemlich das ganze auf dieser Seite dargestellte
Spektrum umfassen. Diese Seite schaffte es auch sofort in die Top-Liste
aller meiner Seiten, zum Glück aber nicht an die erste Stelle. Aus
diesem Grunde wurde die Seite auch massiv erweitert und mehrfach
überarbeitet.
Ich möchte Opfer und bislang schweigende Mitwisser verbaler
Aggression
oder mehr oder weniger direkter Gewalt am Arbeitsplatz (z.B. Mobbing)
ermutigen, ihre Erlebnisse und Lösungsversuche zu berichten.
Dasselbe gilt für Mitarbeiter der Personalabteilungen und leitende
Mitarbeiter, die mit solchen Problemen konfrontiert waren. Helfen Sie
mir bitte, diese Seiten zu verbessern, Sie helfen damit auch Ihren
Leidensgenossen.
Sie können mir direkt eine Mail schreiben (karl.scharbert at usa.net) oder (auch anonym)
im Forum posten. Der Abschnitt über Aggression wird dann ggf. von mir
überarbeitet.
Zusammenfassung
Innerhalb der Projektarbeit kann bei Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden
in drei Arten schwieriger Persönlichkeiten bzw. Verhaltensweisen
unterschieden werden, die auf dieser Seite einzeln behandelt werden:
- Mitarbeiter mit unsozialen Verhaltensweisen.
- Vertreter stark politisierter Umgebungen.
- Auftraggeber und deren Mitarbeiter, die die Entwicklung einer
beauftragten Lösung nicht hinreichend unterstützen.
Hinzu kommt noch eine Unternehmenskultur, die Projekterfolge behindert.
Der Übergang zu stark politisierten Umgebungen ist etwas unscharf,
wobei Politik gelegentlich an den Interessen von Einzelpersonen
festgemacht werden kann. Eine behindernde Unternehmenskultur hat
dagegen Eigendynamik und kann nicht mehr mit einer einzelnen Person
oder klar umrissenen Interessensgruppen in Verbindung gebracht
werden.
Die unzureichende Unterstützung der Entwicklung eines IT-Systems
stellt sich in beinahe jedem Projekt aus Sicht des IT-Teams dar;
extreme Eskalationen sind jedoch selten, da diese Arbeitsweise
inzwischen als normal akzeptiert wurde. Diese Seiten orientieren sich
an dieser Normalität, auf das Thema wird in diesem Kapitel nur
noch zusammenfassend eingegangen. In stark
politisierten Umgebungen treffen unterschiedliche Interessen
aufeinander. Unternehmenspolitiker können daraus sogar einen
gewissen
Unterhaltungswert ziehen, nicht jedoch Profis, die sich nur in ihrer
Arbeit behindert wahrnehmen. Der Leserwunsch legte den Fokus bei
unsozialen Verhaltensweisen, wobei zwischen einmaligen typisch
menschlichen emotionalen Ausbrüchen und dauerhafter Aggression
oder
Verhaltensweisen, die einen Straftatbestand erfüllen, strikt
unterschieden werden muss.
Anstatt einer Einleitung
Konflikte sollten stets als Chance
angesehen werden. Sie tot zu
schweigen, nützt nichts. Konflikte sind etwas normales. Innerhalb
eines Unternehmens arbeiten alle Leute letztendlich am selben Ziel,
insofern sollte sich eine Lösung finden lassen. Über
Konfliktmanagement wurde auch reichlich Literatur verfasst (z.B. [Gamber1]). In diesem
Abschnitt geht es um Konflikte, die sich weit jenseits der Sachlichkeit
befinden bzw. die sich im Rahmen normalen Konfliktmanagements nicht
lösen lassen. (google zu Konfliktmanagement)
Dieser Abschnitt entstand in erster Linie auf Grund des
Feedbacks
meiner Testleser und dem Feedback aus meinem persönlichen
Bekanntenkreis zu meinen Seiten, und nicht von all jenen Lesern, die
nur
durch die Hit-Statistik meines Providers auffallen. In diesem Sinne
will ich auch nachdrücklich um Feedback meiner für mich
weitgehend unbekannten Leserschaft bitten,
das ich anonymisiert hier verwenden kann, denn dieses Kapitel ist mehr
als nur schwierig für mich. Auf diesen Seiten sind immer wieder
Hinweise zum
Umgang mit bestimmten verzwickten Situationen verstreut, die im Rahmen
einer Anforderungsanalyse bzw. der Interaktion zwischen Business
Analyst und Fachanwender, jedoch auch zwischen Analytiker und
Software-Entwickler entstehen können. Ausgeklammert wurde dabei
allerdings unsoziales Verhalten. Unprofessionalität und stark
politisierte Umgebungen wurden nur am Rande behandelt. Angeregt wurde
von den
Testlesern ein eigener Abschnitt, der sich mit genau diesen Situationen
konzentriert befasst, wobei der Fokus auf der sozialen Seite der
Projektarbeit liegen sollte. Ich selbst kam diesem Wunsch nur
zögerlich
nach, denn ich glaube, dass normales menschliches Verhalten nicht als
ausgesprochene Schwierigkeit wahrgenommen werden sollte. Außerdem
bewege ich mich hier schon ziemlich abseits des Kernthemas "Business
Analysis" und berühre dafür Fragestellungen, die sich nicht
nur in der IT ergeben.
Die fraglichen
Szenarien liegen eher außerhalb der Normalität,
sie sind also Ausnahmeerscheinungen am Rande oder jenseits normalen
Sozialverhaltens in normalen
Arbeitsumgebungen, oder aber sie sind nicht mehr
professioneller Natur, sondern politischer. Mit politisierten
Umgebungen hatte ich, wie wohl jeder IT-Spezialist, häufiger zu
tun, als mit Unprofessionalität, und nicht all zu soziale
Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden sind die seltene Ausnahme.
Dies ist auch nicht überraschend, denn die IT gehört nicht zu
den strikt hierarchischen, gewalt- oder aggressionsgetriebenen
Branchen, zu denen z.B. die Juristerei und Medizin gezählt werden.
In meiner eigenen Karriere kann ich schwerwiegende
Zwischenfälle, die in meiner unmittelbaren Arbeitsumgebung in den
letzten fünfzehn Jahren stattgefunden haben, abzählen: Zwei
Zwischenfälle durch Choleriker (Beleidigungen und üble
Nachrede), zwei rassistische Zwischenfälle (gegen indische und
afro-britische Teammitglieder, davon überschnitt sich einer mit
einem Choleriker-Zwischenfall), einige Ausfälle gegen homosexuelle
Kollegen, einen Fall von betrügerischen Arbeitsmethoden
(Fälschung von Schriftstücken). Dem gegenüber stehen
in meinem weiter gefassten und beobachteten Umfeld wesentlich mehr
politisierte Umgebungen, in denen Entscheidungen
nicht auf objektiver Basis sondern durch persönliche Vorlieben
getroffen wurden. Tatsächlich ist dies der Haupt-Reklamationspunkt
beinahe aller IT-Spezialisten, wenn sie von ihrem Arbeitsumfeld
berichten. Gewollte und versehentliche
Projektsabotage kommt vor, und projektgefährdende
Blockadehaltungen einzelner
Mitarbeiter liegen im Mittelfeld.
Auf jeden Fall setzt sich ein Business Analyst neben den rein
fachlichen Fragen auch mit den Menschen auseinander, mit denen er zu
tun hat. Er ist auf deren Kooperation und guten Willen angewiesen und
kann Ergebnisse nicht erzwingen.
Anstatt eines Beispiels aus der Praxis:
Ein gescheitertes Projekt lässt im Rahmen seiner Reevaluierung
i.d.R. sechs Projektphasen erkennen:
- Begeisterung
- Verwirrung
- Ernüchterung
- Suche nach den Schuldigen
- Bestrafung der Unschuldigen
- Belobigung der Unbeteiligten
Gegen den Unwillen mit Konflikten positiv umzugehen, kann man nicht
viel machen. Die notwendigen Kompetenzen für Konfliktmanagement
kann man sich aber sehr wohl aneignen. In Anbetracht der Kosten
für ein Unternehmen und der Einschränkung der eigenen
Lebensqualität bei eskalierendne
Konflikten sollte zumindest der Kauf eines Buches über
Konfliktmanagement, eher noch die höhere Ausgabe für einen
Kurs, nicht gescheut werden, sofern man nicht schon genügend
Feedback vom Kollegen- und Bekanntenkreis bekommen hat, dass man
Konflikte positiv handhaben kann.
Soziale Kompetenzen, so auch der Umgang mit Konflikten, kann man sich
nicht anlesen, man muss sie üben. Der erste Schritt dazu ist
permanente Hinterfragung unserer Wertewelt gepaart mit ebenso
permanenter Selbstbeobachtung, Arbeit an unserer
Wahrnehmungsfähigkeit von uns selbst und unseren Mitmenenschen und
Arbeit an unserem Gefühlsleben, das unserem Alter entsprechend
entwickelt werden sollte und nicht auf der Stufe eine Vorschulkindes
oder Teenager stecken bleiben sollte. Nicht der erste Gedanke oder das
erste Gefühl, das jemandem durch den Kopf schießt, ist die
Erklärung für eine (unangenehme) Situation oder
Verhaltensweise, sondern nur irgendeine unter vielen, i.d.R. eine, die
nur unserer höchst subjektiven und für andere Menschen
fragwürdigen Wertewelt entspringt und die wir häufig mit
einem lauten Auflachen über die eigene Engstirnigkeit bereits nach
einer Minute des Reflektierens als vollkommen unsinnig bei Seite legen.
Exkurs: Fremdbild und
Selbstbild von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen
Es ist nichts ungewöhnliches, dass Fremdbild und Selbstbild eines
Menschen erheblich differiert. Dasselbe gilt für die Sichtweise
der unterschiedlichen Abteilungen bzw. Berufsstände untereinander.
In der FTD vom 30.4.2004 (Beruf und Karriere), S. 6 findet sich unter
der Überschrift "Kampf unter Kollegen gehört zum Alltag"
folgende Auflistung unter der Überschrift "Grabenkriege", Ursachen
für innerbetriebliche Differenzen:
|
Selbstbild
|
Fremdbild
|
Entwickler
|
strebt nach Perfektion, liebt
Tüftelei und Details
|
strebt nach Nobelpreisen und
Patenten satt nach Rendite
|
Marketingmanager
|
trägt die Stimme des Kunden
in alle Unternehmensbereiche
|
ist ein Nebelwerfer und
Theoretiker, der vom Elfenbeiturm aus agiert
|
Vertriebler
|
bringt Umsatz und Ertrag ins
Haus, ist messbar und leistungsorientiert
|
verbrüdert sich mit Kunden
gegen das eigene Unternehmen, agiert hemdsärmelig und
schießt schnell aus der Hüfte
|
Controller
|
unterstützt die
Unternehmesnplaung und entwickelt sie weiter
|
ist ein Ärmelschoner
tragender Buchhalter, der mit spitzem Stift Projekte totrechnet
|
Personaler
|
fördert die fachlichen und
sozialen Fähigkeiten der Mitarbeiter
|
schreibt schöne Konzepte
für die Schubladen und adminsitriert statt zu innovieren
|
Da ich selbst aus der Entwicklerecke stamme, kann ich diese Sichtweisen
aus Entwicklersicht im großen und ganzen bestätigen. Die
eigenen Gesetzmäßigkeiten der IT erfordern manchmal ein
gewisses Maß an Perfektion, um ein sicheres Software-System zu
schaffen,
das Streben alleine reicht nicht aus. Da ich in meiner Eigenschaft als
Busniess Analyst allerdings auch mehr oder wendiger viel mit Marketing,
Vertrieb und Controlling zu tun hatte, kann ich aber auch diese
Sichtweisen nachvollziehen. Aus meiner Sicht als externer Mitarbeiter
habe ich bei den Personalabteilungen eine schleichende Entmachtung im
Laufe der letzten Jahre aus der Ferne beobachten können, der
Prozess scheint sich z.Z. allerdings wieder umzukehren. Gerade die
Personaler sind gefragt, um Grabenkämpfe und Mord und Totschlag
(im übertragenen Sinne) unter den Mitarbeitern am besten gar nicht
erst entstehen zu lassen.
Diese Sichtweisen machen recht deutlich, wie und wo
Interessenskonflikte und Reibungsflächen entstehen können.
Etwas mehr Ausblick über den eigenen Tellerrand hinaus tut also
Not.
Die FTD zitiert im selben Artikel Peter Schütz: "Ab der mittleren
Managementebene aufwärts führen diese Grabenkriege zu
mindestens 50% Produktivitätsverlust."
Unterschiedliche Sichtweisen rechtfertigen allerdings keine
Grabenkriege. Wie auch im echten militärischen Konflikt werden
Kriege von Kriegstreibern angefacht, die breite Masse hat kein
Interesse am Konflikt sondern an friedlichen und konstruktiven
Lösungen. Die unterschiedlichen Sichtweisen und Interessenslagen
können allerdings von skrupellosen Leuten benutzt werden, um ihre
eigene Agenda zu verfolgen. Ich will damit sagen, dass nicht die andere
Abteilung als Gegner betrachtet, sondern das Verhalten jedes einzelnen
Mitarbeiters gründlich beobachtet und bewertet werden
sollte.
Konflikteskalation
Dieser Abschnitt ist an den gleichnamigen Artikel in der
Wikipedia
(Stand 8.5.2004) angelehnt. Das dargestellte Eskalationsmodell passt
sehr gut, um den schrittweisen
Weg ins Desaster darzustellen und ist lt. Wikipedia bei GLASL,
Friedrich: Konfliktmanagement. Ein
Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater.
6., erg. Aufl.
Bern - Stuttgart 1999 vorgestellt worden. Die Originalquelle wurde von
mir nicht geprüft.
Das neunstufige Modell wird in je drei Ebenen aufgeteilt, die als
Schlagworte Einzug in die Geschäftswelt gefunden haben:
- Win-Win: beide Parteien können gewinnen
- Win-Lose: eine Partei gewinnt, die andere verliert
- Lose-Lose: beider Parteien verlieren
[Gamber1] S. 31 ff stellt
dieses Modell ebenfall vor, von ihm stammt die Bewertung "heiß"
und "kalt" im Sinne eines heißen und kalten Krieges.
1. Ebene (Win-Win)
Stufe 1: Spannung / Verstimmung - heiß
Die Konfliktparteien sind verstimmt. Konflikte beginnen mit
Spannungen, z.B. gelegentliches
Aufeinanderprallen von Meinungen. Spannungen sind alltäglich und
werden nicht
als
Beginn eines Konflikts wahrgenommen. Wenn daraus doch ein Konflikt
entsteht, werden die Meinungen fundamentaler. Der Konflikt könnte
tieferer Ursachen haben. Persönliche Spannungen bzw. Verstimmungen
können kleinste Ursachen haben die darauf beruhen, dass der andere
sich nicht so verhält, wie man es (bewusst oder unbewusst)
erwartet. Anders formuliert passt das Verhalten des zukünftigen
Gegners nicht in das eigene Wertesystem. Die "falsch" ausgedrückte
Zahnpastatube oder das
"falsch" eingehängte Toilettenpapier sollen schon zu Scheidungen
geführt haben. Letztendlich fühlt sich der betroffene "nicht
korrekt" behandelt, z.B. nicht ernst genug genommen.
Der erste Schritt zur positiven Handhabung von Konflikten ist stets,
dass man das eigene Wertesystem, sogar sich selbst als Charakter und
Persönlichkeit, permanent hinterfragt. Ein negatives Gefühl,
das durch eine andere Person "ausgelöst" wird, sollte zuallererst
mit etwas Distanz betrachtet werden. Der andere hat einen "erwischt"
und es lohnt sich, dieses Erlebnis zu genießen und auszukosten
und schließlich als Chance und Aufhänger für die
Entwicklung der eigenen Persönlichkeit weg von unbgewußter
Engstirnigkeit und hin zu bewußter Offenheit zu nutzen. Wer will
schon funktionieren wie ein Automat, bei dem man bestimmte Effekte
durch drücken bestimmter Knöpfe erreichen kann?
Stufe 2: Debatte - heiß
Ab hier überlegen sich die Konfliktpartner Strategien um den
Anderen von seinen Argumenten zu überzeugen, ohne einen Kompromiss
zu erwägen, d.h. ohne die Argumente des Gegners anzuerkennen.
Diese Form der Debatte ist nicht lösungsorientiert, sehr wohl aber
ergebnisorientiert. Das gewünschte Ergebnis ist aber für den
Gegner nicht akzeptabel. An dieser Stelle ist i.d.R. noch genügend
"Luft", um die Debatte auf die Sachebene zu bringen und zu einem
objektivierbaren Ergebnis zu kommen, zumindest aber eine teilweise
Deeskalation zu erreichen. Gelingt die Deeskalation nicht bzw.
wird sie gar nicht erst versucht, so gilt: Meinungsverschiedenheiten
führen zu einem Streit. Man will den Anderen unter Druck setzen.
Gamber beschreibt ein Phänomen, das man tagtäglich
beobachten
kann, wenn eine Streitkultur nicht gegeben ist: Die Stufe wird direkt
übersprungen, der Konflikt wird "unter den Teppich gekehrt".
Stufe 3: Kontaktabbruch / Taten statt Worte - kalt
Die Konfliktpartner erhöhen den Druck auf den Anderen um sich
oder seine Meinung durchzusetzen. Gesprächsversuche über das
eigentliche Problem fallen immer schwerer, schließlich werden
Gespräche
abgebrochen. U.U. hört man, dass es sinnlos sei, mit dem Gegner zu
debattieren. Dies ist häufig der Fall, wenn das Gegenüber die
Debatte schlichtweg ablehnt.
Beispiel aus der Praxis
In einem bereits verschäften
Konflikt suchte einer der Gegner mit den Worten "Ich muss mit dir
reden." abermals den Dialog. Der andere entgegnete darauf: "Ich bin
kein Psychiater." und verließ den Raum in Richtung
Kaffeeküche.
Es
findet keine Kommunikation
mehr statt und der Konflikt verschärft
sich schneller. Innerhalb der Beziehung der Konfliktparteien werden die
negativen Ereignisse, Gegensätze und trennende Elemente
hervorgehoben, Gemeinsamkeiten und positive Erlebnisse werden
verdrängt. Man sieht den Kontrahenden "durch eine Brille" oder
"mit anderen Augen". Gamber weist darauf hin, dass hier somatisiert
werden kann, falls sich die Konfliktpartner nicht hinreichend
ausweichen können (Übelkeit, Kopfschmerzen, gesteigerte
Reizbarkeit).
Ich komme nicht um einen persönlichen Apell herum: Lassen Sie
es nicht soweit kommen!
2. Ebene (Win-Lose)
Stufe 4: Soziale Ausweitungen / Koalitionen - kalt
Der Konflikt verschärft sich dadurch, dass man Sympathisanten
für seine
Sache sucht. Da man sich im Recht glaubt, kann man den Gegner
denunzieren. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern darum den
Konflikt zu gewinnen, damit der Gegner verliert. Gamber nennt als Grund
für die Suche von Koalitionen, dass sich die Konfliktparteien
"psychisch zu entlasten suchen". Neben der psychischen Entlastung
dürften m.E. aber bereits strategische Erwägungen eine Rolle
spielen, da man im Bündnis stärker zuschlagen kann, sollte
der Konflikt wieder in eine heiße Phase treten.
Für den Betriebsfrieden ist diese Stufe schon recht ungesund,
da Dritte u.U. wider Willen in den Konflikt hinein gezogen werden.
Stufe 5: Strategie / Gesichtsverlust - kalt
Durch die Einbeziehung von Bündnispartnern sehen sich die
Parteien in ihren Standpunkten bestätigt (man steht ja nicht
alleine mit seiner Meinung da), evtl. vorhandene Selbstzweifel werden
zerstreut. Strategien für Angriffe und Verteidigung werden
ausgearbeitet, die (womöglich gar nicht existente) Strategie des
Gegners wird analysiert, Schwachstellen beim Gegner und Druckmittel
gegen ihn werden gesucht. Der Gegner soll in seiner Identität
vernichtet werden durch
alle
möglichen Unterstellungen oder ähnlichem. Hier ist der
Vertrauensverlust vollständig.
Spätestens hier sollte man aufwachen, ehe alles zu spät
ist. Wenn man feststellt, dass andere Menschen die eigene Meinung nicht
ohne weiteres teilen oder gar ablehnen und Verständnis für
den Standpunkt des Gegners zeigen, sollte man sich selbst an der Nase
fassen
und hinterfragen, ob man nicht überreagiert oder gar einem eigenen
Vorurteil oder einer Vorliebe aufgesessen ist.
Stufe 6: Drohungen / Begrenzte Gewaltanwendung - heiß
Gamber ebd. schreib recht trefflich: Auf dieser Stufe wird der Konflikt zum
alles beherrschenden Thema. Er bestimmt die Wahrnehmungen, Gedanken,
Gefühle der Beteiligten. Die Konfliktparteien erweisen sich nicht
mehr nur als immer weniger kooperationsbereit, sondern neigen immer
mehr dazu, Drück auszuüben und die Ziele der anderen Partei
zu sabotieren, etwa duch Behinderungen, Intrigen, Gerüchte,
Verweigerungen und so weiter. Art und Intensität der
Gewaltanwendungen bleiben jedoch begrenzt.
Mit Drohungen versuchen die Konfliktparteien die Situation absolut
zu kontrollieren. Sie soll die eigene Macht veranschaulichen. Man droht
z.B. mit einem Ultimatum oder macht uns domestizierten Primaten eigene
Drohgesten.
Im Extremfall springen manche Personen direkt von Stufe 1 hierher.
3. Ebene (Lose-Lose)
Stufe 7: Regelbruch / Begrenzte Vernichtung - kalt
Gamber scheibt hier, dass die
Konfliktparteien zunehmend zu paranoiden Wahrnehmuungs- und
Deutungsmustern neigen. Jedes Verhalten wird argwöhnisch
beobachtet und zu ungunsten des guten Willens des Gegners
interpretiert. Jede Kleinigkeit wird negativ ausgelegt und kann zu
einer weiteren Eskalation führen.
Hier soll der Gegner mit allen Tricks empfindlich geschädigt
werden.
Der Gegner wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen.
Stufe 8: Angriffe aufs Hinterland / Zersplitterung -- heiß
Angriffe werden offen ausgeführt, jede Form von Sabotage oder
Behinderung ("Stuhlbeinsägen") oder andere "unfaire" Mittel kommen
zur Anwendung. Der Gegner und dessen Machtposition soll mit
Vernichtungsaktionen zerstört werden. Übergriffe auf
Bündnispartner des Gegners finden nun ebenfalls statt.
Ein typscher Satz, den man hier hört, lautet: "Den mache ich
fertig." oder "Der schreckt vor nichts zurück."
Stufe 9: Totaler Krieg / Gemeinsam in den Abgrund - heiß
Der Gegner soll mit allen Mitteln zerstört werden. Heutzutage
duelliert man sich nicht mehr mit dem Ziel, den Gegner zu töten,
aber die psychische Zerstörung, die Vernichtung der Karriere, der
Familie, des gesellschaftlichen Ansehens oder des sozialen Status wird
angestrebt. Ab hier kalkuliert man die eigene Vernichtung mit ein um
den Gegner
zu besiegen, man ist bereit, selbst massive materielle, soziale oder
gesundheitliche Nachteile in Kauf zu nehmen.
Gegner der Stufe 9, die die eigene Vernichtung in Kauf nehmen, sind
zweifellos gefährlicher als alle anderen. Diese Form des Kampfes
kann als die skrupelloseste Variante angesehen werden - oder als
verzweifelste Form der Notwehr.
Man sollte nicht davon ausgehen, dass beide Konfliktparteien stets
auf derselben Stufe agieren. U.U. hat eine Partei einen Konflikt noch
gar nicht erkannt, während die andere bereits Koalitionen sucht.
Unsoziales Verhalten
Hinweis zur
Unwissenschaftlichkeit der folgenden Aussagen
Alle von mir gemachten Aussagen in diesem Abschnitt sollten mit
Vorsicht
betrachtet werden, denn weder habe ich umfangreiches Datenmaterial zu
bieten (dafür eher Informationen aus zweiter Hand), das einem
statistischen oder gar methodisch-wissenschaftlichen Ansatz
genügen würde, noch kann ich mich hier auf meine eigene
Professionalität berufen (denn ich bin Informatiker, nicht
Psychologe oder Pädagoge). Die geschilderten Szenarien bzw.
Persönlichkeitsstrukturen basieren auf einer relativ wenigen
Beispielen, wurden jedoch von den Probelesern als typisch und bekannt bezeichnet.
Die Vorschläge zum Umgang mit solchen Situationen und Leuten
müssen ähnlich betrachtet werden.
Wer hat hier eigentlich ein Problem?
Wahrheit kommt nicht demokratisch zu Stande. Es gab eine Zeit, in der
die Mehrheit der Menschen glaubte, dass die Erde eine Scheibe ist.
Diese Wahrheit ist allerdings recht subjektiver Natur, wie wir heute
wissen. Oder glauben wir es nur, weil wir es gelesen haben oder uns
andere Leute immer wieder erzählt haben, dass die Erde eine Kugel
ist? Jedenfalls konnte man es
sich
damals nicht anders vorstellen, und es
ist doch offensichtlich, dass
die Menschen auf der Unterseite der Scheibe herunter fallen
würden. - Was
ich damit sagen will ist, dass der erste Gedanke, der einem Menschen
durch den Kopf schießt, das erste Gefühl, die erste Reaktion
auf eine Aktion eines anderen Menschen, nicht unbedingt die richtige
ist. Lässt man sich ein wenig Zeit, um ein bestimmtes Verhalten zu
interpretieren, so lassen sich häufig in wenigen Sekunden oder
Minuten eine Reihe verschiedener Interpretationen ein und desselben
Verhaltens finden. Wir glauben
nur, dieses Verhalten richtig interpretiert zu haben, wir nehmen es an, aber wissen tun wir es nicht. Wir halten
ein Verhalten womöglich nur für unsozial; eine
heftige, spontane und womöglich nicht minder unsoziale Reaktion
erscheint als logische Folge, konsequent, richtig oder notwendig,
obwohl dies mit etwas Distanz betrachtet
vollkommener Unsinn ist.
Wenn es im Team, insbesondere in der Interaktion mit dem Kunden bzw.
dem Fachanwender, ein
soziales Problem gibt, sollte man m.E. zu aller erst prüfen, ob
man selbst ein Problem hat, ein Interpretationsproblem des Verhaltens
des anderen oder eine Inkompatibilität mit der eigenen Wertewelt,
oder ob es ein anderer ist, der ein Problem
hat, ein persönliches Charakterproblem. Unsere
Mitmenschen sind unser Spiegel, man kann also durchaus einmal nach
Feedback fragen, sollte allerdings auch Kritik gegenüber
aufgeschlossen sein. Kein echtes Feedback können Sie erwarten,
wenn Ihr Feedback-Geber befürchten muss, für seine ehrlichen
Aussagen bestraft zu werden. Wenn Sie nur gute Nachrichten hören
wollen, dann werden Sie die schlechten erst dann erfahren, wenn schon
alles zu spät ist.
Eine gute Grundregel lautet: Wenn viele Menschen mit einem einzelnen
soziale Probleme haben, dann hat der Einzelne wahrscheinlich ein
Problem mit sich selber. Wenn nur ein Einzelner mit einem anderen
Einzelnen Schwierigkeiten hat, sonst aber niemand, dann hat
wahrscheinlich eher dieser Einzelne ein Problem mit sich selbst. Sicher
kommt es manchmal vor, dass die Chemie nicht stimmt, in einem
professionellen Umfeld sollte allerdings für die Dauer eines
Projekts von persönlichen
Vorlieben Abstand genommen werden können. Wenn ein Projekt nur
deshalb scheitert, weil genau zwei Leute nicht miteinander können,
weil sie nur zickig sind, wird es langsam lächerlich. Wenn ein
Projekt daran scheitert, weil
ein bestimmtes Teammitglied mit niemanden wirklich gut kann, dann
sollte man ins Grübeln kommen.
Die Anhänger des positiven Denkens propagieren eben dies. Man soll
selbst positiv denken und stets einen positiven Ansatz suchen.
Allerdings wurde durch positives Denken alleine noch niemals eine
Leistung vollbracht, sondern durch konzentrierte Arbeit, und dabei gibt
es gelegentlich ziemlich negative Erlebnisse, Empfindungen und
Gedanken. Eine IT-Umgebung, in der ein IT-System gebaut werden soll,
ist keine soziale Einrichtung. Dies gilt sowohl für aggressive
Menschen, die ihre Launen an ihren Kollegen oder Auftragnehmern
austoben, als auch anders herum für eher überängstliche
empfindliche Menschen, die bereits in Folge einer kleinen Stichelei in
eine Krise stürzen.
Mangelhafte
Kritikfähigkeit
Von unsozialem Verhalten zu sprechen, ist hier nur in Extremfällen
angezeigt, bei denen die mangelhafte Kritikfähigkeit oft nur ein
Punkt unter vielen ist. Man sollte auch mangelhafte
Kritikfähigkeit nicht damit
verwechseln, dass es gerade in leitenden Positionen Leute gibt, die
sich
ausschließlich durch sachliche Argumentationen
überzeugen
lassen und jede subjektive Einschätzung zurück weisen. Bei
solch extrem sachlichen Leuten reicht es vollkommen aus, darauf
hinzuweisen, dass die nachfolgende Aussage subjektiver Natur ist und
gemeinsam geprüft werden sollte, ob eine Objektivierung Ihrer
Meinung (und mehr ist es ja auch nicht) oder deren Widerlegung durch
noch nachzuweisende Fakten notwendig erscheint. Sachlichkeit ist kein
Makel, sondern eine seltene Fähigkeit, die zu nachvollziehbaren
Entscheidungen und zum Abbau von vorschnellen Urteilen beiträgt.
Mangelhafte Kritikfähigkeit geht normalerweise Hand in Hand mit
der Unfähigkeit, einen gemachten Fehler eingestehen zu
können. Es ist in den meisten Fällen nur sehr ärgerlich
und unangenehm, dass manche Leute von diesem spezifisch menschlichen
Privileg keinen Gebrauch machen können. Der berufliche Hintergrund
ist häufig, dass die Arbeitsumgebung Fehler bestraft, sieht man
von einer rechthaberischen Grundhaltung oder einer grundlegenden
Charakterschwäche ab. Wie bei allen unsozialen
Verhaltensweisen ist Abgrenzung und ein Gesprächsversuch der erste
Schritt zur Lösung, die Eskalation der nächste.
Gefährlich wird es dann, wenn solche Leute versuchen, Fehler zu
vertuschen, oder gar, sie anderen Leuten in die Schuhe zu schieben.
Man befindet sich hier etwa bei Stufe 4 oder 5 der Konflikteskalation. Anstatt nach
Lösungen wird dann nach Schuldigen gesucht, im
Extremfall nach Sündenböcken. Hier bleibt kaum etwas anderes
übrig, als genügend Beweismaterial zu sammeln und den
Angreifer auflaufen zu lassen. Ist er erst einmal als Lügner
entlarvt und wird dennoch zum Wiederholungstäter, ist es nur eine
Frage der Zeit, bis er das Unternehmen verlässt.
Im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist es nicht
recht viel anders als bei einzelnen Personen: Ich konnte keinerlei
generelle Tendenz erkennen, dass Auftragnehmer von IT-Projekten
kritikfähiger sind
als Auftraggeber, und hinter beiden verbergen sich natürlich
wieder nur Einzelpersonen. Fraglich ist lediglich, wie gut die
Zusammenarbeit funktioniert. Als Analytiker sollte man stets auch
kleine derartige Vorfälle an seinen Projektleiter berichten und
dann weiter seine Arbeit machen. Gehäufte Schuldzuweisungen und
Ablehnung konstruktiver Kritik können
der Vorbote für erhebliche politische
Verwicklungen sein, eine
generelle Tendenz auf Grund eines einzelnen Vorkommnisses zu
unterstellen ist aber sicher übertrieben.
Formell korrekte Arbeit und soziale
Defizite
Es gibt einen seltenen Typus von Projektmitarbeiter, der zwar stets
formell korrekt arbeitet, aber ansonsten soziale Defizite aufweist.
Gelegentlich wird diesen Leuten jegliche soziale Kompetenz
abgesprochen. In ausführenden Positionen stellt so etwas nur
selten ein
Problem dar, solche
Mitarbeiter werden lediglich gemieden, sie gelten als
Außenseiter,
schwer zugängliche Persönlichkeiten und sind normalerweise
nicht sehr beliebt. Sie werden als Einzelkämpfer für
Spezialaufgaben
eingesetzt und ansonsten in Ruhe gelassen, sie werden auf Positionen
gesetzt, auf denen sie nicht auf das Betriebsklima oder andere
Mitarbeiter einwirken können. Aber Projektrisiken entstehen, wenn
solchen
Mitarbeitern Personalverantwortung oder Entscheidungsbefugnisse
übertragen werden. Man findet dann solche Mitarbeiter am ehesten
in der
untersten Ebene des Projektmanagements. Insofern kann sich hier ein
Business Analyst in der Opferrolle finden, der unter einem etwas
merkwürdigen Projektleiter leidet.
Bei der folgenden Aufzählung sollte darauf geachtet werden, dass
sie rein subjektiv ist und sich auf wenige Berichte und noch weniger
selbst beobachtete Situationen und Personen bezieht. Weder kann ein
statistisch oder wissenschaftlich tragfähiger Ansatz unterstellt
werden, noch, dass ich im Gegensatz zu den anderen Seiten rund um
Business Analysis auf Basis eigener professioneller Kompetenz eine
Aussage mache; ich bin Informatiker, nicht Psychologe. Charakteristisch
für solche Mitarbeiter sind einige der folgenden
Verhaltensweisen und Beobachtungen:
- Die Defizite werden weder im Vorstellungsgespräch erkannt,
noch in den ersten Arbeitsmonaten nach Einstellung des fraglichen
Mitarbeiters. Im Gegenteil wird zunächst die propagierte formelle
Vorgehensweise als professioneller oder akademischer Ansatz eingestuft.
Dagegen wird die
nicht ergebnisorientierte Arbeitsweise unter Berücksichtigung des
Faktors Mensch erst in der täglichen Praxis langsam wahrgenommen.
- Diese Mitarbeiter arbeiten formell korrekt, beinahe schon
buchhalterisch. Im Gespräch erklären Sie ggf., dass sie nicht
mehr
wollen, als formell korrekte Resultate und dass ihnen alles andere
inkl. der Befindlichkeit ("Launen") anderer Projektmitarbeiter
nicht wichtig ist.
- Auf soziale Kontakte wird nicht eingegangen, z.B. kennen Sie auch
nach Monaten oder Jahren nicht die familiären Verhältnisse
ihrer
Kollegen.
- Diese Mitarbeiter gelten als Wichtigtuer und erfolgreiche
Selbstdarsteller, ihnen wird eine
Profilierungsneurose unterstellt.
- Kritikfähigkeit ist nicht vorhanden, Einsicht über
gemachte Fehler ist nicht erkennbar.
- Kunden und externe Ansprechpartner verweigern früher oder
später die weitere Zusammenarbeit und fordern die Ablösung
des fraglichen Mitarbeiters. Beschwerden von Kunden häufen sich.
- Andere Leute, die mit diesen MItarbeitern zu tun haben,
fühlen sich häufig persönlich angegriffen; diese
Mitarbeiter bestreiten jedoch regelmäßig, dass irgendeine
ihrer Aussagen persönlich gemeint ist. Vermutlich ist das auch
tatsächlich nicht der Fall, lediglich Selbst- und Fremdwahrnehmung
differieren.
- Heftige emotionale Ausbrüche von Kollegen auf Grund ihres
Verhaltens werden von diesen Mitarbeitern
einfach "weggesteckt", sie verhalten sich anschließend so, als
sei gar nichts geschehen.
- Jede informelle Arbeitsweise wird misstrauisch beobachtet und
wenn
möglich unterbunden. Informelle Arbeitsweisen werden nicht als
intuitive Vorgehensweise und normale Projektarbeit erkannt, sondern als
Versuch, diese Mitarbeiter (besonders in leitenden Positionen) zu
hintergehen. Blockaden im Projekt sind die Folge.
- Untergebene des fraglichen Mitarbeiters versuchen zunächst um ihren Vorgesetzten herum
gute Ergebnisse zu erzielen, werden jedoch zunehmend frustriert und
wechseln schließlich die Arbeitsgruppe oder das Unternehmen.
- Vorgaben oder klare Anweisungen werden nicht gegeben, daraus
resultierende Eigeninitiative wird fortwährend kritisiert.
- Kritik ist nicht konstruktiv.
- Kritik wird nicht begründet und in der Folge häufig nur
als Vorwurf wahrgenommen.
- In ausführenden Positionen handelt es sich häufig um
Fachidioten, in leitenden Positionen sind sie dagegen kompetenzfrei.
- In
leitenden Positionen tendieren diese Mitarbeiter gelegentlich
zu Kontrollwahn. Charakteristisch ist, dass sie jede EMail CC wollen und
prinzipiell ihren Mitarbeitern verbieten direkt zu kommunizieren, d.h.
jede Kommunikation soll über ihren Schreibtisch gehen. Sie
artikulieren auch häufig die
Befürchtung, dass sie
keine Projektkontrolle ausüben können, wenn ihren
unrealistischen oder
unsinnigen Forderungen nicht nachgegeben wird.
- Mißerfolge
können stets erklärt und mit formell korrektem Beweismaterial
untermauert werden (z.B. Gesprächsnotizen, EMail-Ausdrucke),
Erfolge
sind jedoch Mangelware.
- Emphatische Fähigkeiten sind nicht zu erkennen.
- Positive Emotionen werden so gut wie nie oder gar nicht
geäußert.
- Im persönlichen Gespräch wird nach einer emotionalen
Eskalation (sofern es überhaupt soweit kommt) eine negative
Lebenseinstellung offenbar. Wert oder Existenz von Freundschaft oder
Liebe wird bestritten.
- Die Ausdrucksweise ist vage, wenn Arbeitsweisen oder
merkwürdige Forderungen hinterfragt werden ("Erstens..." aber ein
zweitens kommt
nicht. - Ein Argument gefolgt von "usw.", "etc.", "und und und" oder
ähnlichen Phrasen, die aber nach Hinterfragung nicht
ausgeführt werden.)
- Verbale
Abgrenzungen von anderen Leuten werden nicht wahrgenommen, sodass
manchmal zum Mittel physischer Abgrenzung gegriffen wird, um die
gewünschte Abgrenzungsbotschaft zu übermitteln (z.B.
Weigerung, im
selben Büro zu arbeiten; demonstrative physische Distanzsuche bei
Besprechungen oder in der Kantine; physische Abwehr wie z.B.
wegstoßen
bei körperlicher Kontaktsuche; Verweigerung des Handschlags)
- Die Umgangsformen sind meist nicht oder nur wenig zu kritisieren,
andere Leute fühlen sich dennoch nicht korrekt behandelt.
- Kollegen und Untergebene fühlen sich auf ihre Funktion oder
Position reduziert.
- Kommunikation fällt häufig schwer, Aussagen werden
nicht
hinterfragt und dennoch massiv uminterpretiert, Kunden und Mitarbeiter
bemerken z.B., dass das Wort wird im
Munde verdreht wird und fühlen sich hintergangen.
- Binnen ca. sechs bis zwölf Monaten gibt es niemanden mehr in
der
Arbeitsumgebung des fraglichen Mitarbeiters, der noch Respekt vor
dessen Persönlichkeit hat. Die subjektiv wahrgenommene Tyrannei
wird
ausgesessen, bis eine Veränderung stattfindet.
- Evtl. gab es einschneidende traumatische Erlebnisse im Leben des
fraglichen Mitarbeiters, z.B. ein brutales Elternhaus oder der Verlust
geliebter Personen unter tragischen Umständen. Diese Ereignisse
sind
allerdings den Kollegen und Vorgesetzten nicht oder nur vereinzelt
bekannt.
Einige dieser Leute reagieren mit Unverständnis, wenn ihnen auf
ähnliche Weise begegnet wird.
Beispiel aus der Praxis
Ein Mitarbeiter hatte ein Meeting (4 Personen) angesetzt. Er selbst
fehlte unentschuldigt, ein zweiter Mitarbeiter entschuldigt. Nach 15
Minuten Wartezeit (der Mitarbeiter war nicht auffindbar) wickelten die
beiden verbleibenden Leute das Meeting formell ab. Sie bestimmten einen
Protokollführer, erklärten das Meeting formell für
eröffnet, beschlossen, dass das Meeting wegen des fehlenden
Entscheidungsträgers (der das Meeting einberufen hatte)
abgebrochen wird und erklärten das Meeting für beendet. Das
Protokoll wurde daraufhin an den vom fraglichen Mitarbeiter
üblichen Verteiler verschickt. Zwei Stunden später fragte er
beim Protokollführer nach, was dies solle. Der
Protokollführer erklärte darauf den üblichen Ablauf
eines Meetings und verwies auf die formelle Korrektheit des Vorgehens.
Der fragliche Mitarbeiter war sichtlich verwirrt.
Probleme mit solchen sozial inkompetenten Vorgesetzten oder Kollegen
erledigen sich i.d.R. binnen zwei oder drei Jahren von alleine, oft
sogar schneller. Bis dahin kann man aber ein Magengeschwür
bekommen.
Früher
oder später werden sie mit einem guten Arbeitszeugnis
ausgestattet,
gekündigt oder weggelobt, selbst wenn es zunächst den
Anschein
hatte,
dass sie großen Einfluss auf die nächst höheren
Managementetagen haben.
Dies ist eine direkte Folge aus gescheiterten Projekten, fehlender
Kritikfähigkeit und somit der Unfähigkeit, sich als
Persönlichkeit
weiter zu entwickeln und Fehler nicht zu wiederholen. Hinzu kommt die
Kundenforderung, nicht mehr mit
dem fraglichen Mitarbeiter kommunizieren zu wollen, und die Weigerung
von anderen Mitarbeitern, weiterhin mit diesen Leuten zu arbeiten.
Diese sozial defizitären oder inkompetenten Mitarbeiter
fühlen sich am
Ende u.U. als Mobbingopfer, artikulieren dies auch und sind es manchmal
auch tatsächlich, wobei die Verschwörung
allerdings von der überwältigen Mehrheit oder sogar ausnahmslos von allen Leuten in der
Umgebung des Mitarbeiters mitgetragen wird; man
will einfach nichts mehr mit dieser Person zu tun haben, diese Person
stört die Befindlichkeit, die Arbeits- und Lebensqualität der
Kollegen
so stark, sie gefährdet durch ihre Verhaltensweisen den
Projekterfolg und somit auch den Arbeitsplatz ihrer Leute so sehr, dass
nur zur Wahl steht, diesen einen Mitarbeiter oder sehr
viele andere zu verlieren.
Das bedauerliche dabei ist, dass solche Mitarbeiter m.E. nicht
böswillig oder gar dumm sind, obwohl sie häufig so
dargestellt werden.
Sie sind im Gegenteil sehr oft sehr engagiert, allerdings nicht Ziel
gerichtet. Sie wollen etwas
voran bringen, wollen im Sinne des
Unternehmens handeln und wollen auch Ärger von ihren Untergebenen
fern
halten, bleiben aber in all ihren Bemühungen nicht nur erfolglos
sondern bewirken sogar das
Gegenteil. Sie
brauchen
eigentlich Verständnis und Hilfe, die ihnen aber
in der
Geschäftswelt nicht entgegen gebracht werden kann. Zunächst
muss
Einsicht und Kritikfähigkeit erreicht werden, sodass
Selbstreflexionen
möglich werden und seelische Nähe zugelassen wird. Coaching
oder eine
Psychotherapie können hilfreich sein.
Eine Einstufung im Rahmen der Konflikteskalation
ist lediglich auf Grund des Verhaltens solcher Personen nicht
möglich. Sie selbst initiieren auch kaum einen Konflikt selbst
sondern bringen durch ihr "so-sein" ihre Mitmenschen dazu, Konflikte
auszutragen. Am ehesten kann von einer Latenz auf Stufe 3 gesprochen
werden, wobei kein Wille bzw. keine Fähigkeit zur
Deeskalation vorhanden ist. Der kleinste Anlass reicht aus, um eine
geschlossene Front von Feinden zu schaffen.
Wichtigtuerei und Arroganz
Arrogante Personen, Wichtigtuer oder Mischformen haben
gelegentlich auch andere soziale Defizite. In der Arbeitswelt trifft
man jedoch relativ häufig auf Leute, die sonst ganz ok sind, mit
denen man auch gerne mal ausgeht, die aber zu Arroganz oder
Wichtigtuerei tendieren, wenn es um ihr Spezialgebiet geht. Von
unsozialem Verhalten zu sprechen, ist in den meisten Fällen
übertrieben. Im Sinne des Konflikteskalations-Modells
bewegt man sich normalerweise auf Stufe 1 oder Stufe 2.
Normalerweise ist das Problem nicht das, was diese Leute sagen, sondern wie sie es sagen. U.U. muss sogar
hinterfragt werden, ob diese Leute wirklich arrogant
sind. Würde ein Albert Einstein mir sagen, dass ich nichts von
Physik verstehe, dann wäre dies wahr, nicht arrogant. Gefällt
mir die Form nicht, wie mir
dies kommuniziert worden ist, dann liegt
ein soziales Problem vor.
Häufig hilft
ein Gespräch, in dem die Art und Weise, wie kommuniziert wird, die
Art und Weise, wie Wichtigtuerei und Arroganz wahrgenommen werden, klar
gestellt wird. Unterstellen Sie beim Gesprächsversuch aber nicht,
dass Ihr Gegenüber arrogant ist ("Du bist arrogant."), sondern,
dass Sie eine bestimmte Situation als arrogant wahrgenommen haben ("Ich
habe einen 'Stich' empfunden, als Du XY gesagt hast. Das wirkt auf mich
arrogant. Wie soll ich XY tatsächlich verstehen?") Die
Konfliktmanager benutzen hier die Begriffe Ich-Botschaft udn
Du-Botschaft.
Ziemlich häufig hört man dann, dass
etwas so nicht gemeint
gewesen sei, und man darf dies auch glauben. Selbstwahrnehmung und
Fremdwahrnehmung unterscheiden sich gelegentlich erheblich. Sie
können mit vernünftigen Leuten ein Arrangement treffen, dass
Sie sie immer wieder auf Verhaltensweisen aufmerksam machen, die auf
die Kollegen oder Sie selbst negativ wirken. Auf diese Weise coachen
sich Kollegen
gegenseitig. Alles andere geht dann von alleine. Ernst wird es
allerdings, wenn dem Gesprächsversuch ebenfalls nur mit Arroganz
begegnet wird ("Es ist nun einmal so, dass hier hauptsächlich
Idioten herum laufen"). Das eigentliche Problem ist dann die mangelhafte Kritikfähigkeit.
Ein Schritt weiter ist schon der persönliche Angriff. Man
sollte allerdings objektiv bleiben. Spricht derjenige z.B. von Idioten, dann vergreift er sich auf
jeden Fall im Ton, werden Sie persönlich inkludiert, dann wird es
Zeit, sich massiv abzugrenzen. Eine persönliche Beleidigung sollte
nicht toleriert werden. Spricht er höflich aber bestimmt von Defiziten im Know How und der
Arbeitsmethodik und schließt Sie unter Aufzählung
einer langen Beispielliste mit ein,
dann kann dies u.U. wahr und alles andere als arrogant sein. Als Profi
wird man nicht geboren. Verweigert
derjenige dann ein Ansinnen
um Coaching, haben Sie einfach
nur Pech gehabt.
Interessant ist, dass manche Azubis, Werkstudenten oder
Berufseinsteiger sich besonders schlau vorkommen, und in tiefer
Ausschöpfung fachlichen Halbwissens und unter
konsequentem Ignorieren von Geschäftsprozessen davon
überzeugt sind zu wissen, was in einem laufenden IT-Projekt
richtig oder falsch ist. Man sollte es diesen Anfängern nicht
übel nehmen, dass sie so denken, und wir sollten nicht vergessen,
dass auch wir einmal jung, dynamisch und unterm Strich in unserem
Bemühen, die (Arbeits-) Welt zu revolutionieren, erfolglos waren.
Vermutlich haben sie den Begriff Geschäftsprozess noch nie
gehört, das größte Programmstück, das sie jemals
selbst bearbeitet hatten, war kleiner als 5000 lines of code, einen
strukturierten Test kennen sie bestenfalls vom Hören sagen und die
Betriebssystem-Welt hört bei Windows und Unix auf. Dokumentation
wird als
unnötig betrachtet, Qualitätsmanagement als hinderlich,
Unternehmensstandards als Tyrannei. Die
IT-Welt ist groß,
und mit dem Studienende ist es wie mit einem Schulabschluss: Das Abitur
bietet gerade ausreichende Grundlagen, um überhaupt in ein Studium
einsteigen zu können. Das abgeschlossene Studium bzw. die
abgeschlossene Berufsausbildung reichen gerade aus, um unkritische
Teile eines Projekts zu bearbeiten.
Beispiele aus der Praxis
Auf der Suche nach einem C++-Profi (für eine Rolle als Architekt
und Analyst/Programmer) für ein Projekt bei einer Versicherung
landete ein Suchender bei einem jungen selbstständigen
Informatiker, der aktuell keine Kapazitäten frei hatten.
Schließlich wurde ein "begabter Student" empfohlen. Der Suchende
erklärte trocken, dass er einen Tagessatz von über 1000.- DM
(das war 1999) für einen Studenten nicht rechtfertigen könne
und im Übrigen einen Profi suche. Er stieß bei seinem
Gesprächspartner auf Unverständnis und man einigte sich rasch
darauf, in keine Geschäftsbeziehung zu treten.
Ein Unternehmen wollte einen "Java-Experten" in einem ansonsten
professionellen Team platzieren. Da der Experte noch ein Junior war,
bot man ihn zum halben Tagessatz der Profis (800.- Euro) an. Es stellte
sich heraus, dass der "Experte" gerade von einem dreiwöchigen Kurs
kam, ansonsten keinerlei relevante Entwicklererfahrung hatte und etwa
die Hälfte des Tages intensiv betreut werden musste. Der
Auftraggeber bestand nach einer Woche auf einen Ersatz.
Ein sich selbst als Senior bezeichnender Entwickler (mit
Berufsausbildung und anschließend gerade abgeschlossenem
Informatikstudium) stellte fest, dass ein gerade im Aufbau befindliches
Komponentenmodell nicht nötig sei, da er bereits im Laufe der
Jahre ein vergleichbares Modell geschaffen hätte, das die
Forderungen zu wenigstens 80% abdeckte. Zunächst wunderte man
sich, weshalb das Vorhandensein eines solchen offensichtlich produktiv
genutzten Modells im Hause nicht bekannt war (jeder kannte dort jeden)
und weshalb das Vorhandensein nicht im Vorfeld der Entscheidung
für ein solches Modell vom Senior artikuliert worden war. Bei
einer weiteren Befragung stellte sich heraus, dass der Code nicht
dokumentiert war, keinerlei strukturierten Tests unterworfen worden
war, keinerlei Spezifikation oder Design dokumentiert war, und
das Klassenmodell nach Bedarf modifiziert wurde. Man verzichtete darauf
zu prüfen, ob die Klassen tatsächlich in ein
wiederverwendbares Modell überführt werden könnten, wohl
u.a. auch, da Instabilitäten von Produkten des Seniors und
hartnäckige Sinn-Diskussionen mit ihm ein regelmäßiges
Ärgernis darstellten.
Ein von sich selbst offenbar sehr eingenommener Leiter einer kleinen
IT-Abteilung (weniger als zehn Leute) antwortete auf die Frage: "Wie
funktioniert hier eigentlich das Change Management?" mit: "Was bitte?"
Unternehmen, die Anfängern Verantwortlichkeiten übertragen,
denen sie nicht gewachsen sind, sind selbst schuld. Jedes Team ab einer
Größe von etwa einem halben Dutzend Leuten verträgt
einen Einsteiger, dem klar umgrenzte Aufgaben überlassen werden
können, und der gut betreut werden muss. Solche Menschen sind
i.d.R. noch formbar, ein gutes Vorbild genügt fast immer.
Ist die
Projektkultur gut genug, wird sich die Wichtigtuerei von alleine geben.
Es schadet nicht, den Junioren immer wieder die Komplexität
betrieblicher Abläufe vor Augen zu führen und ihnen klar zu
machen, dass zwischen 5000 loc die man alleine für eine stand
alone Applikation erstellt und 500000 loc die man im Team in eine
bestehende Systemumgebung integrieren muss, ein mehr als nur
quantitativer Unterschied besteht. Als Übung
können sie ja ein besseres Konzept für kritisierte
Abläufe erarbeiten und vorstellen, nachdem es von einem Experten
zerhackt worden bzw. an den nicht beachteten Bedürfnisse aller
Beteiligten von der Poststelle bis zum Vorstand gescheitert ist, gibt
sich die selbst empfundene Genialität von alleine. Ein Rollout
einer neuen Produktversion in einem Unternehmensnetzwerk mit einer
vier- oder fünfstelligen Zahl Clients läuft nun einmal
anders als
ein Update desselben Produktes auf dem heimischen PC, um nur ein
Beispiel zu nennen.
Arroganz kann allerdings eine hartnäckige Charakterschwäche
sein. Manche Leute sind generell von ihrer eigenen Wichtigkeit
und Überlegenheit überzeugt, wobei es dabei in der IT nach
meinen nicht zu
verallgemeinernden Erfahrungen eher harmlos zugeht. Sie wissen nicht
nur alles, sondern sie wissen alles besser.
Falls diese Leute wirklich gut sind, lässt sich nicht viel machen.
Objektiv vorhandene Fachkompetenz hat nichts mit Arroganz zu tun. Wenn
es mit solchen Leuten Probleme gibt, dann liegt es wie eingangs
erwähnt daran, wie sie
etwas vorbringen. Suchen Sie das Gespräch und arrangieren Sie
sich, i.d.R. geht das, wenn nicht größere soziale Defizite
vorliegen. Ein Mindestmaß an Toleranz gegenüber anderen
Verhaltensweisen sollten Sie allerdings mitbringen. Wenn jemand gut ist
und es sich raus hängen lässt, dann ist gesunder Humor die
passende Antwort, nicht beleidigt sein.
Bei zweitklassigen
Leuten gibt es noch einen recht schmerzhaften Weg, etwas zu erreichen,
falls gar nichts mehr hilft: Fehlentscheidungen und Falschaussagen
können gesammelt werden und schließlich kann in einem lauten
Knall klar gestellt werden, dass nicht die Kompetenzen vorliegen, die
vorgetäuscht werden, und überall auf der Welt mit Wasser
gekocht wird.
Oft hilft nur eine brutale Bloßstellung, um diesen Leuten ihr
Verhalten
vorzuführen und - vielleicht - eine Verhaltensänderung zu
bewirken. Solch eine Vorgehensweise sollte wohl überlegt und auch
mit dem Vorgesetzten abgestimmt sein, denn wenn der Vorfall eskaliert,
ist mehr zerstört als erreicht worden.
Aggression
Der einzelne Wutanfall
Zu unterscheiden ist bei Wutanfällen der chronische Choleriker,
der entweder gar
keine Kinderstube genossen hat oder sie vergessen hat, vom Rest der
Menschheit, der sich normalerweise korrekt oder sogar vorbildlich
verhält, und ausnahmsweise einmal die Fassung verliert.
Beispiel aus der Praxis
Ein leitender Mitarbeiter, der von allen anderen Mitarbeitern in seiner
Umgebung
sehr geschätzt wurde, hatte einmal in einer Besprechung einen
für ihn vollkommen uncharakteristischen und noch nie gesehenen
Wutanfall, da irgend etwas nicht so gelaufen war, wie geplant. Er
benutzte keinerlei Kraftausdrücke, wurde allerdings ziemlich laut
und stellte schließlich fest, dass bestimmte Anweisungen nur noch
schriftlich erteilt würden. Der Vorgesetzte war sichtlich
überarbeitet und erschöpft. In Folge dieser Besprechung taten
sich alle betroffenen Mitarbeiter zusammen und überlegten, was
eigentlich vorgefallen war, denn dieses Verhalten kannte man nicht.
Dass ihr Chef offensichtlich erschöpft und überarbeitet war,
war seit geraumer Zeit sichtbar, und das Team machte sich ohnehin schon
zunehmend Sorgen um den Vorgesetzten. Niemand regte sich über den
Vorfall auf, und jeder bemühte sich noch ein wenig mehr, dem
Vorgesetzten etwas Last von seinen Schultern zu nehmen. Wenige Tage
später entschuldigte sich der Vorgesetzte im Einzelgespräch
bei den betroffenen Mitarbeitern. Er hatte sich den Vorfall
offensichtlich mehr zu Herzen genommen, als seine Mitarbeiter.
Niemand ist vollkommen, und wenn der Druck zu groß wird, kann es
vereinzelt zu heftigen Emotionen kommen. Ein einzelner Ausbruch sollte
nicht überbewertet werden. Das Beispiel zeigt sehr gut, wie sowohl
der Vorgesetzte als auch die Mitarbeiter korrekt reagieren können.
Bedingung ist dazu natürlich ein solides
Vertrauensverhältnis, das im konkreten Fall gegeben war.
Wichtig mag im konkreten Fall gewesen sein, dass der Vorgesetzte nicht
persönlich beleidigend geworden war. Sich für ein soziales
Fehlverhalten zu entschuldigen ist keine Schwäche. Eher zeigt dies
das Gegenteil, die Fähigkeit, einen gemachten Fehler zu erkennen
und einzugestehen.
Ist man in solch einer Situation das Opfer des Wutanfalls, dann sollte
man an die vielen guten gemeinsamen Monate oder Jahre denken, nicht an
die wenigen Sekunden des Ärgers. Geben Sie sich eine Nacht oder
zwei Zeit, und sofern nicht der Aggressor schon von sich aus auf Sie
zugekommen ist, sollte ein klärendes Gespräch kein Problem
darstellen.
Niemals vergessen sollte man, dass es zwischenmenschlich
förderlich ist, seine Gefühle auszudrücken.
Natürlich erleben wir positive Gefühle lieber als negative.
Wenn man sich ärgert, dann darf man dies ebenso artikulieren, wie
wenn man sich freut. Kritisch wird es nur, wenn die Schwelle vom
Gefühl zum unkontrollierten, explosionsartigen emotionalen
Ausbruch überschritten wird. Ärger erzeugt keine
Abwehrreaktion,
sehr wohl aber jede Situation, die als subjektive Bedrohung oder
Angriff wahrgenommen wird.
Von einem wirklichen Konflikt im Sinne der Konflikteskalation kann man hier nicht
sprechen. Es gibt bestenfalls einen kurzen Ausrutscher bis auf Stufe 3.
Vulgär- und Fäkaliensprache
Software-Entwickler tendieren mit Ausnahme hartnäckiger
Phlegmatiker dazu, zwischendurch lautstark und aufs vulgärste zu
fluchen. Da die englische Sprache in dieser Hinsicht der deutschen
überlegen ist, greifen dabei auch deutsche Muttersprachler
gelegentlich auf ihre Geschäftssprache zurück.
Administratoren haben dagegen nach meinen nicht
quantifizierten Feldstudien eher
einen Hang zur Fäkaliensprache. Fachanwender vermeiden beides und
Business Analysten sind mehrsprachig, sie passen sich der jeweiligen
Umgebung an. Ziel der Beschimpfungen sind stets
die Maschinen, mit denen die IT-Leute zu tun haben, gelegentlich auch
Software-Produkte. Innerhalb der Teams
fällt diese Sprache i.d.R. gar nicht richtig auf, einem Besucher
dagegen um so heftiger. Aggressivität kann in solch einem Umfeld
eher als konstruktive Energie betrachtet werden. Zwar werden starke
Gefühle geäußert, sie sind jedoch nicht destruktiv
emotionsgeladen.
Sollten Sie in einen Haufen von IT-Spezialisten laufen, die ihre
typische Gruppensprache benutzen, und ansonsten nichts weiter mit den
Leuten zu tun haben, dann kann ich hierzu nur einen Rat geben: Denken
Sie sich nichts dabei,
grinsen Sie innerlich, und lassen Sie die Leute weiter ihren Job
machen. Jeder Versuch sie umzuerziehen würde nur demotivierend
wirken.
Bewegt man sich jedoch regelmäßig in einem Umfeld, in dem
der vorherrschende Ton ruppig ist, dann kann man sich durchaus
vorsichtig abgrenzen. Vorherrschend bedeutet, dass es sich dabei nicht
um einen einzelnen Mitarbeiter handelt, der sich etwas rüder
Ausdrucksweise bedient, oder um gelegentliche Ausrutscher, sondern dass
Fäkaliensprache und Kraftausdrücke im ganzen Team der Normal-
und
nicht der Ausnahmefall ist.
Normalerweise wird Sie niemand zu zwingen versuchen, sich solch einem
Sprachgebrauch anzuschließen, und üblich ist, dass man zwar untereinander weiter den
alten Gewohnheiten nachkommt, jedoch auf das Wohlbefinden anderer Leute
in der direkten Interaktion Rücksicht nimmt. Es reicht voll und
ganz, wenn höflich aber bestimmt festgestellt wird, dass man die
Arbeitsergebnisse schätzt, nicht aber die Ausdrucksweise, und dass
man doch auf Ihre Befindlichkeit Rücksicht nehmen möge.
In der Konflikteskalation bewegt man
sich i.d.R. auf Stufe 1 oder Stufe 2.
Dauerhafte Angriffe, Beleidigung und
üble Nachrede
Gemeint mit dieser Überschrift sind strafrechtlich relevante
Tatbestände. Im Konflikteskalations-Modell
kann hier je nach Schwere des Falles von Stufe 5 bis Stufe 8
oder 9 ausgegangen werden.
Manche
Leute lassen Beleidigungen rasch und üble Nachrede sofort
durch ihren Rechtsanwalt regeln. Allerdings sollte auch hier
zunächst geprüft werden, ob es sich um einen
Einzelfall handelt und jemand nur einmal
die Nerven verloren hat. Nach
ein paar Stunden oder Tagen hat sich der Aggressor meist wieder
abgekühlt, und ein klärendes Gespräch erledigt den Rest.
Eine Entschuldigung und die Richtigstellung falscher Behauptungen
reicht meistens aus, so lange man nicht zum Wiederholungstäter
wird. Kein Mensch sollte vergessen, dass er mit anderen Menschen zu tun
hat. Wesentlich für den Betroffenen ist m.E., dass er nicht
zuerst für längere Zeit das unsoziale Verhalten seines
Gegenübers toleriert und somit Gewohnheiten entstehen lässt,
sondern sich bereits beim ersten Übergriff klar abgrenzt. -
Schwierig wird es allerdings, wenn solch ein Verhalten kein Einzelfall
mehr ist.
Charakteristisch für einen unbelehrbaren Typus i.d.R. wenig
professioneller Ansprechpartner sind mehrere der folgenden
Verhaltensweisen, wobei für die aufgezählten Punkte dasselbe
gilt, wie weiter oben bei der Aufzählung sozialer Defizite (ein statistisch oder
wissenschaftlich korrekter Ansatz liegt nicht vor):
- fragwürdige Aktionen solcher Leute, die sich immer wieder
wiederholen, sind
- persönliche und zielgerichtete Beleidigungen
- abgemildertes bis sehr kräftige zielgerichtete
vulgäre Ausdrucksweise
- diffuse Beschimpfungen, bei denen nicht ganz klar ist, ob man
selbst oder jemand anders gemeint ist ("man", "jemand",
"bestimmte Leute"...)
- körperlich aggressives Verhalten bis hin zu
Drohgebärden (vergleichende Fallstudien können bei den
Primaten im Zoo vorgenommen werden)
- verbale, meist wenig konkretisierte Drohungen ("Solche Typen mache ich fertig."
ohne dass klar ist, von wem gesprochen wird.)
- übermäßige Lautstärke (vergleichende
Fallstudien können auch hier bei den
Primaten im Zoo vorgenommen werden; zu beachten ist, dass sich das
lauteste Tier durchsetzt, nicht das stärkste)
- frei erfundene falsche Behauptungen, die bestenfalls aus der
überspitzten Darstellung anderer Ereignisse hergeleitet werden und
den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen; dabei wird i.d.R.
eine solide Grenze deutlich unterhalb einer möglichen Vorstrafe
eingehalten, häufig in einem Bereich, bei dem die
Staatsanwaltschaft bei der ersten Anzeige wegen Geringfügigkeit
das Verfahren einstellt (ich habe das nicht selbst ausprobiert!)
- evtl. auch rassistische Bemerkungen, bevorzugt gegen
Teammitglieder anderer ethnischer Gruppen als der eigenen
- evtl. auch sexistische Bemerkungen über Frauen oder
sexuelle Minderheiten
- fortwährende destruktive Kritik ohne konstruktive
Verbesserungsvorschläge
- nicht vorhandene Kritikfähigkeit; solange man den
Entscheidungen der fraglichen Leute kritiklos gegenüber steht,
passiert nichts, jedoch folgen Ausbrüche u.U. bereits einer
einfachen Meinungsäußerung
- Diese Aktionen finden in milderer Form auch vor Zeugen statt, am
Telefon oder
schriftlich, in verstärkter Form jedoch ohne Zeugen.
- Diese Aktionen richten sich nicht nur gegen eine einzige Person,
sondern mehr oder weniger stark gegen unterschiedliche Teammitglieder,
Teamteile oder auch gegen Leute außerhalb des Teams. Manchmal
wechselt auch der Fokus kontinuierlich von einer Person zur
nächsten, bis man wieder einmal dran
ist.
- Aggressionen oder negative Propaganda findet auch hinter dem
Rücken des "Opfers" statt, man erfährt davon nur
zufällig.
- Bei Telefongesprächen mit einem anderen Teammitglied
hört der fragliche Mitarbeiter mit, äußert sich
zunächst aus dem Hintergrund und übernimmt dann sichtlich
erregt das Gespräch, wenn der Gesprächsverlauf nicht nach
seinen Vorstellungen verlief.
- Wird der fragliche Mitarbeiter vom Beleidigten zur Rede gestellt,
wiegelt er entweder ab, oder zeigt sich nicht gesprächsbereit.
- Schriftliche Anfragen zum Verhalten werden nicht beantwortet.
- Bei hartnäckigen und mehrmaligen Nachfragen erfolgt
bestenfalls nach Wochen oder Monaten eine abmildernde Aussage der Art,
dass man all dies nicht so ernst gesehen habe.
- Stunden oder Tage später wird so getan, als sei nichts
vorgefallen.
- Es gibt lange dauernde Phasen (Wochen oder Monate) die ohne
massiv
negative Verhaltensweisen verlaufen.
- Spitzen oder Seitenhiebe werden in den Tagen und Wochen vor einer
Eskalation zum Dauerzustand.
- Eine Richtigstellung falscher Behauptungen und eine
Entschuldigung für Beleidigungen bleibt dauerhaft aus, Einsicht
über das eigene Fehlverhalten ist dauerhaft nicht zu erkennen.
- Es gibt einige wenige Personen, die Zugang zu dieser Person haben
und sie beeinflussen können.
- Die fragliche Person ist fast immer männlich, häufig
geschieden und zum zweiten Mal verheiratet.
- Entweder ist
das Ausbildungsniveau eher hoch, entweder liegt ein
Hochschulstudium, u.U. auch eine Promotion vor, oder aber die Person
hat sich mit viel Initiative hochgearbeitet.
- Die Person hat keine professionelle Position bzw. Funktion,
sondern eine politische.
- Der Arbeitseinsatz ist rein zeitlich eher hoch, die
Arbeitseffizienz jedoch nicht (Aktionismus), professionelle Anfragen
werden häufig nur amateurisch bearbeitet.
Charakteristisch ist, dass solch ein Verhalten eher innerhalb von
Hierarchien von oben nach unten statt findet, und eher beim
Auftraggeber als beim Auftragnehmer. Anders herum wird eher einmal zur
abgemilderten Vulgär- oder Fäkaliensprache gegriffen.
Gelegentlich findet sich so etwas auch auf gleicher Ebene innerhalb
nicht sehr gut funktionierender Teams.
Beispiele aus der Praxis (die harmloseren)
"Haben Sie ein schlechtes Gewissen?" war die einzige Antwort eines
Mitarbeiters X des Auftraggebers, die ein Mitarbeiter Y des
Auftragnehmers hörte, als er nachfragte: "Haben wir ein
persönliches Problem miteinander?" Auf die nachfolgende
Darstellung von Y, dass die von X angenommenen und verbreiteten
Aussagen über die Veruntreuung interner Informationen falsch sei,
antwortete X schließlich ohne Entschuldigung oder
Richtigstellung: "Alles wird gut." und beendete das Gespräch.
Wenige Tage später folgten weitere Eskalationen.
Nachdem ein externer Mitarbeiter bei einem Kollegen eines Mitarbeiters
X sein
befremden über dessen Umgangsformen ausgedrückt hatte, bekam
er schulterzuckend die Auskunft: "Denken Sie sich nichts dabei. Diese
Ausdrucksweise
kommt von sehr weit unten, der kann sich gar nicht anders
ausdrücken. Dieses Verhalten von X kennen
wir, der wird sicher niemals Personalverantwortung tragen."
Nachdem ein Mitarbeiter am Telefon angeschrien worden war, antwortete
dieser: "Ich verstehe Sie sehr gut, wenn Sie in einer normalen
Lautstärke sprechen."
"Sie und die anderen Idioten Ihres Schlamperladens..."
"Sind Sie die blöde Kuh, die dieses Schriftstück verfasst
hat?" (aus dem Nicht-IT-Bereich)
Sofern Sie selbst an sich solche Verhaltensweise erkennen, wird es
Zeit, etwas zu tun. Es gibt kaum etwas faszinierenderes, als sich als
Persönlichkeit weiter zu entwickeln, und es ist nichts falsches,
sich dabei helfen zu lassen. Professionelles Coaching oder eine
Psychotherapie, bei der Sie den Umgang mit den eigenen Aggressionen
lernen, ist angezeigt. Aggressivität ist eine starke Kraft, die in
einem schöpferischen Akt wahre Wunder bewirken kann, jedoch in
unkanalisierter Form sehr destruktiv wirkt. Das einzige, was durch
solch ein Verhalten
erreicht wird, ist die Demotivierung der Teammitglieder und
schließlich hohe Fluktuation im Team,
Verärgerung, die Vergrößerung Ihrer Sammlung von
Feinden und der Umstand, dass Sie in den berechtigten Ruf des Mobbing
kommen. Ernst oder für voll genommen werden Sie als gereifte
Persönlichkeit ohnehin nicht, bestenfalls akzeptiert man ihre
fachlichen Kompetenzen oder fürchtet Ihre Machtposition. Auf Ihre Manieren werden Sie höchst
wahrscheinlich nicht angesprochen, denn diese sind weder einforderbar,
noch ist dies unter erwachsenen Menschen der gute Ton;
die allgemeine Sichtweise geht eher dahin, dass Unhöflichkeit
schon schlimm genug ist, man muss nicht auch noch
darüber diskutieren.
Bei solchen hartnäckigen Fällen kann ich leider kein
Kochrezept liefern. Nur in den wenigsten Fällen sind sich die
"Täter" wirklich darüber bewusst, was sie tun und wie sie
wirken; dies entschuldigt aber nichts. Man hat keinen Erwachsenen vor
sich, sondern nur ein ziemlich großes Kind. Insofern kann ein
absolutes korrekte und sachliches Verhalten, die an den Erwachsenen
apellieren ("Der kriegt mich nicht"), zu immer heftigeren
Ausbrüchen führen und man kann versuchen, an das Kind in
dieser Person heran zu kommen. Ob man neben seinem eigentlichen Job
auch noch unverhältnismäßige Sozialarbeit leiste kann
und will, und ob man dazu überhaupt kompetent genugt ist, will
wohl überlegt sein.
Scheitern alle Gesprächsversuche, und das tun
sie immer bei den hier gemeinten Persönlichkeiten, so kann man
versuchen, das Verhalten des Gegenübers zu imitieren, um ihm zu
demonstrieren, was er gerade selbst tut. Hilft auch das nicht, so
können sich alle Geschädigten zusammen tun und kollektiv
darstellen, dass das Verhalten des Aggressors weder gebilligt noch
weiterhin geduldet wird. Man sollte auf jeden Fall um
Hilfe beim Vorgesetzten, dem Betriebsrat und in der Personalabteilung
ansuchen, nicht
zuletzt, da die eigene Lebensqualität und das Projekt leidet. Bei
Geschäftspartnern kann ich nur raten, die Geschäftsbeziehung
zu beenden, falls man das Verhalten seines Geschäftspartners nicht
tolerieren kann oder will.
Leute mit solch unsozialen oder anti-sozialen Verhaltensweisen haben
m.E. ein sehr schweres
persönliches Problem, das über eine leichte
Charakterschwäche hinaus geht. Die Protokollierung der Ereignisse,
wiederholte Gesprächsangebote, das Sammeln von Beweismaterial und
schließlich eine Eskalation durch alle Betroffenen bei
uneinsichtigen
Persönlichkeiten mit dem Ziel, den fraglichen Kollegen entweder
doch noch zu einer Verhaltensänderung zu bewegen, oder ihn aus dem
Unternehmen zu entfernen, sind m.E. in der Geschäftswelt
angezeigt.
Charakteristische Reaktionen, die ich neben den vorgeschlagenen
Verhaltensweisen bisher beobachten konnte,
umfassen folgende Palette:
- Handelt es sich bei der fraglichen Person um einen potentiellen
Auftraggeber, so werden die Launen häufig einfach nur bis zum
absehbaren Projektende ertragen.
Firmen tendieren dabei jedoch dazu, bei neuen Projekten neue
Projektleiter und Analytiker einzusetzen, da die alten einer weiteren
Zusammenarbeit nicht zustimmen.
- Nach mehrmaligen Gesprächsversuchen brechen einzeln
arbeitende Freiberufler den Kontakt ab. Entgegen üblicher
Gewohnheiten lassen sie dann ihren Vertrag auslaufen, ohne eine
Verlängerung anzubieten bzw. auf ein Angebot einzugehen. Als
Ursache werden häufig persönliche Gründe oder ein
besseres Angebot (auch wenn es nicht stimmt) genannt, manchmal gibt es
auch einfach keinen Kommentar, manchmal werden die konkreten
Gründe genannt. Evtl. informieren sie noch den
nächsten Vorgesetzten des fraglichen Mitarbeiters über die
Gründe. Selten wird der Rechtsweg beschritten und häufiger
wird er angedroht, wenn, dann um
fortwährende üble Nachrede zu unterbinden.
Objektiv betrachtet ist dieser Schritt jedoch so gut wie nie notwendig.
Die Verhaltensweisen der fraglichen Person sind in seiner Umgebung
hinlänglich bekannt, sodass negative Propaganda nicht ernst
genommen wird. Regelmäßig wird jedoch das eigene Netzwerk
inkl. Personalvermittlern
informiert, wobei
sich nicht selten weitere "Geschädigte" finden.
- Ist der Widerpart selbst nicht all zu gutmütig und er
gehört zum selben Unternehmen, kann selten
ein
dauerhafter Kleinkrieg die Folge sein, wobei zunächst der Fokus
auf der Ruinierung der Karriere des Aggressors liegt. Meist regt sich
aber der "Rächer" wieder ab, wohl wissend, dass irgend jemand
anders für ihn weiter machen wird. In Extremfällen
organisieren sich große Mitarbeitergruppen (ganze Abteilungen) zu
"Counter Mobbing-Aktivisten".
- Der Aggressor erhält normalerweise keine
Personalverantwortung, nicht zuletzt, da sein Verhalten im eigenen
Unternehmen ebenso auffällt, wie bei Geschäftspartnern.
- Potentielle Auftragnehmer betrachten ihre Bezahlung nur noch als
Schmerzensgeld und machen keine fairen Angebote mehr. Sie nutzen jede
Schwäche des Aggressors aus, um den Geldfluss zu erhöhen,
arbeiten formal korrekt und lassen sich auf keinerlei informelle
Kontakte mehr ein.
- Wird ein auf solche Weise aggressiver Mitarbeiter für sein
Unternehmen langsam untragbar, erfolgt selten eine Abmahnung,
dafür aber eine Kündigung aus betrieblichen Gründen im
Rahmen der nächsten "Anpassungsrunde". Evtl. wird der Mitarbeiter
auch auf einem Posten, bei dem er wenig Schaden anrichten kann, kalt
gestellt, oder er wird weg gelobt.
- Im öffentlichen Dienst ist die Dienstaufsichtsbeschwerde
durch betroffene Kunden
der
Regelfall. Kollegen lassen sich intern versetzen und verkehren nur noch
schriftlich miteinander, bzw. sie verweisen konsequent auf den
Dienstweg. Sachgebiets- oder Abteilungsleiter werden weg
gelobt auf zwar höher dotierte Posten, auf denen sie aber
keinen sozialen Schaden mehr anrichten können.
Im Angestelltenverhältnis sieht das Arbeitsrecht vor, dass nicht
nur der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abmahnung schicken kann,
sondern auch umgekehrt. Die Abmahnung
bedarf der Schriftform, muss den Gegenstand des Fehlverhaltens explizit
benennen, Abhilfe
verlangen, und sieht als Konsequenz die (begründete)
Kündigung des
Arbeitsverhältnisses vor. - In meiner beruflichen Praxis ist mir
solch ein Fall allerdings noch niemals begegnet, obwohl die
Möglichkeit mehrfach diskutiert und auch mündlich angedroht
wurde.
Diskriminierung
Diskriminierungsopfer, nicht nur im IT-Umfeld, sind Frauen,
ethnische
Minderheiten (in der IT bevorzugt Inder) sowie Homosexuelle und andere
sexuelle Minderheiten. Die Diskriminierung kann
sowohl rein verbal sein, oder sie äußert sich direkt oder
indirekt durch finanzielle ungleich Behandlung. Gegen die
finanzielle Diskriminierung ist nicht viel zu machen. Das erste
Hindernis dabei ist der Nachweis, dass man überhaupt
gegenüber jemand anderem auf Grund einer Diskriminierung
benachteiligt wird und daraus ein bezifferbarer Schaden entstanden ist.
Dies ist die Grundvoraussetzung, um gerichtlich Schadensersatz
durchzusetzen. Fraglich dabei ist, ob sich das diskriminierende
Verhalten des Verursachtes dadurch ändert.
Für verbale Diskriminierung gilt m.E. dasselbe wie im Abschnitt
über dauerhafte Angriffe, Beleidigungen
und üble Nachrede. Die Übergang ist fließend. M.E.
ist eine Eskalation solcher Vorfälle in der Firmenhierarchie
soweit nach oben, bis sich etwas tut, und das Tragen der
Diskriminierung in die Öffentlichkeit das erste Mittel der Wahl,
falls Gesprächsversuche scheitern.
Stufe 5 der Konflikteskalation
trifft hier ungefähr zu.
Sexismus
Sexismus ist eine spezifische Form der Diskriminierung des anderen
Geschlechts und beginnt im Konflikteskalations-Modell
ebenfalls etwa bei Stufe 5. Gemeint sind auch hier
geschlechtsspezifische
Verhaltensweisen, die sich deutlich jenseits der Normalität
bewegen und strafrechtlichen Belang haben. Sexismus ist eher ein eher
männliches Problem, das aber viele Frauen zu ihrem Problem werden
lassen. Sexismus ist nicht
gerade eine
Spezialität der IT, was wohl auch daran liegen mag, dass die
entsprechenden Studiengänge und Ausbildungsberufe zwar noch immer
eher von Männern gewählt werden, die Frauenquote jedoch im
Vergleich zu anderen technisch orientierten Berufen recht hoch ist.
Nach meinen Erfahrungen sind es gerade die hardcore-Techniker, die ihre
Kolleginnen auf Grund deren Kompetenz schätzen. Als Business
Analyst ist man damit auch nicht häufiger oder seltener
konfrontiert, als jeder andere.
Das Spektrum reicht neben der Benachteiligung bei Bezahlung und bei
Beförderungen im Vergleich zu männlichen Kollegen von
verbalen
Belästigungen, die subjektive Wahrnehmung des nicht ernst genommen
werdens, bis hin zu "Grabscherei" und anderen Formen körperlicher
Aufdringlichkeit, die durchaus als
tätlicher Angriff verstanden werden darf. Niemand hat das Recht,
jemanden auf Grund seines Geschlechts als minderwertige Person zu
behandeln. Dies ist ein fundamentales Menschenrecht, das auch im
deutschen Grundgesetz verankert ist.
Von Männer sagt man, dass sie besser schauen als denken
können. Die häufig gehörte "Provokation" möchte ich
mit einem sinngemäßen Zitat aus einem Leserbrief an eine
malaiische(!) Zeitung beantworten, das ich in Erinnerung habe: Der
Prophet hat nichts davon gesagt, dass eine Frau keinen Lippenstift
benutzen soll, sehr wohl sagte er jedoch, dass ein Mann die Augen
niederschlagen soll, falls er sich provoziert fühlt.
Eine sofortige Abgrenzung ist angezeigt. Ich erfahre immer wieder, dass
Frauen viel zu duldsam in dieser Hinsicht sind. Die Duldung seines
Verhaltens wird vom Aggressor letztendlich als
Einverständniserklärung gedeutet, auch wenn dieser Gedanke
niemals ausgesprochen wird. Möglicherweise ist sich der Aggressor
über die Unerwünschtheit seines Verhaltens gar nicht im
Klaren, und er ändert schlagartig sein Verhalten, wenn Sie sich
deutlich abgrenzen, da ihm dies bislang noch nie passiert ist und er
einen Lernprozess erlebt.
Ändert sich das Verhalten nicht oder war bereits der erste
Übergriff am Rande oder gar jenseits der Strafbarkeit, so sollte
der erste Weg zur Gleichstellungsbeauftragten, zum Betriebsrat, zur
Personalabteilung und zum Vorgesetzten gehen. Rücksichtnahme ist
nicht angebracht; worauf überhaupt? Es ist auch nicht für Sie
sondern für den Aggressor peinlich, wenn Sie den Angriff in die
Öffentlichkeit tragen. Wenn Sie freundlich sind, dann verwarnen
Sie z.B. einen Grabscher beim ersten Mal verbal,
unmißverständlich und laut genug, dass man sie drei
Türen weiter noch hören kann, beim zweiten Mal kann ein
lauter Ruf ins Großraumbüro des Inhalts "Nehmen Sie Ihre
Hände weg" zusammen mit einem Tritt gegen das Schienbein des
Angreifers recht wirksam sein.
Sexistische Personen beschränken ihre Diskriminierung so gut wie
nie auf nur eine einzelne Person, suchen Sie also auch nach anderen
Opfern, und sei es nur, um Ihrer berechtigten Forderung nach
Unterlassung mehr Nachdruck zu verleihen. Ansonsten gilt m.E. dasselbe
wie im Abschnitt über dauerhafte
Angriffe, Beleidigungen und üble Nachrede. Eine Abmahnung und
nötigenfalls die Kündigung aufdringlicher Kollegen ist kein
Grund, ein schlechtes Gewissen zu haben.
Ein Danke an dieser Stelle an die Münchner Polizei und an die
Teilnehmer und Teilnehmerinnen eines Seminars über Zivilcourage,
in dem auch dieses Thema behandelt worden ist und in dem einige
betroffene Teilnehmerinnen recht offen derartige Probleme ansprachen.
Gerüchte
So ziemlich jeder wird mal Opfer irgendeiner Tratscherei, die auf
Legendenbildung beruht. Stufe 3 oder 4 des Konflikteskalations-Modells ist bei
harten Fällen adäquat, sofern man dem Gerücht jedoch
vollkommen souverän gegenüber stehen kann, trifft das Modell
nicht zu.
Beispiel aus der Praxis
Aus einer eher witzig gemeinten Bemerkung, dass sich ein Arbeitskollege
hätte scheiden lassen, um mit einem anderen Kollegen ein
homosexuelles Verhältnis eingehen zu können, entwickelte sich
ein entsprechendes Gerücht, das rasch die Runde in einem kleinen
Unternehmen mit einer mittleren zweistelligen Mitarbeiterzahl machte.
Einer der betroffenen Kollegen konnte lediglich die letzten zwei
Weiterträger des Gerüchts ausfindig machen, aber es war
offensichtlich, dass die Kette der Weiterträger wenigstens ein
halbes Dutzend Leute lang war. Der Unterhaltungswert war
beträchtlich, als die beiden sich nach einiger Zeit der Duldung
lautstark im Gang darüber unterhielten, wie sie diese "Tatsache"
ihren Freundinnen beibringen sollten. Von all dem bekam die
Geschäftsführung erst etwas mit, als einer der Betroffenen
nachfragte, wie weit das Gerücht es in der Firmenhierarchie nach
oben geschafft hatte. - Der einzige homosexuelle Mitarbeiter des
Unternehmens fühlte sich zum Glück ebensowenig diskriminiert
oder angegriffen wie die beiden fraglichen Kollegen.
Von Menschen mit etwas weniger Humor könnte solch ein Gerücht
als
üble Nachrede, Verleumdung und Mobbing betrachtet werden.
Gerüchte und Legenden entstehen und vergehen. Einen Urheber
ausfindig zu machen, ist in den meisten Fällen so gut wie
unmöglich. Mit jedem Weiterträger verändert sich das
Gerücht ein wenig. Sofern Böswilligkeit ausgeschlossen werden
kann, reicht es aus, mit etwas Humor eine schlagfertige Abwehr bereit
zu halten. Wird die Grenze zur Böswilligkeit überschritten,
kann erwogen werden, den Vorfall in der Firmenhierarchie weit genug zu
eskalieren. Gerüchte sind eher ein Problem der Firmenkultur, das
Management hat sicher kein Interesse an der Störung des
Betriebsklimas oder gar des Betriebsfriedens auf Grund solchen Unfugs.
Mobbing
Bislang wurden in diesem Abschnitt diverse unsoziale Verhaltensmuster
aufgezählt, nicht jedoch deren Stoßrichtung. Eine gewisse
Abweichung von normalen (sozialen) Verhaltensweisen und
Persönlichkeiten ist dabei stets gegeben, ob solch ein Verhalten
einer bestimmten Intention unterliegt, sei jedoch in vielen Fällen
dahingestellt. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass ca. 1% der
Bevölkerung mehr oder weniger starke psychopathische Züge
zeigt, worunter eine Reihe sehr erfolgreicher Persönlichkeiten
sind, die sich skrupellos und ohne Gewissensbisse über alle
Hemmnisse hinweg setzen. Beim Mobbing liegt der Fall jedoch klar:
Hinter allen Aktionen steht die klare Absicht, die Zielperson durch
Psychoterror dazu zu bewegen, ihren Job aufzugeben und das Unternehmen
bzw. die Projektgruppe zu verlassen, sie also fertig zu machen.
Die Motivation von Kollegen und Vorgesetzten kann eine Reihe von
Gründen haben. Unter Kollegen ist häufig Kokurrenzdenken und
die Angst um den eigenen Arbeitsplatz gegeben, für den
Vorgesetzten ist es stets einfacher, wenn der Untergebene von sich aus
kündigt, anstatt ihn kündigen zu müssen. Da die Absicht
gegeben ist, jemanden zur Kündigung zu bewegen, ist eine
friedliche Lösung so gut wie unmöglich. Wenn Sie alles
versucht haben, um eine Lösung herbei zu führen, dann bleibt
nur noch der Rechtsweg in der Absicht, eine angemessene
Entschädigung zu erhalten. Die reine Aussage, dass man sich
gemobbt fühlt, kommt bei einem deutschen Gericht jedoch nicht an.
Sofern man von seinen Kollegen angegriffen wird, ist der erste Gang
zum Vorgesetzten. Nur, wenn dieser seiner Fürsorgepflicht
nachweislich nicht nachkommt und entschiedene Schritte zur Beendigung
der Mobbingaktionen nicht einleitet, haftet auch der Arbeitgeber. Eine
wichtige Anlaufstelle ist auch der Betriebsrat, der beraten kann.
Deutsche Gerichte tun sich noch etwas schwer mit Mobbingopfern, manche
Richter sollen regelmäßig davon ausgehen, dass vermeintlich
Gemobbte lediglich Querulanten sind. Es gilt also Beweismaterial zu
sammeln. Als Mobbinganzeichen werden grundlose Serienabmahnungen
gewertet, Entzug von Kompetenzen und Verschlechterung der
Arbeitsbedingungen, die offensichtlich gezielt nur eine bestimmte
Person treffen. Verbale Entgleisungen haben dagegen kaum Relevanz.
Wesentlich ist, dass jeglicher Angriff persönlicher Natur ist, und
nicht eine Folge einer Sachfrage bzw. eine sachlich und betrieblich
begründbare Entscheidung.
Ein Richter tut sich ohne Beweise schwer. Gefordert ist mindestens eine
Art Mobbing-Tagebuch, in dem Ort, Zeit, Ablauf und Folgen jedes
einzelnen Ereignisses konkret belegt sind. Zeugenaussagen sind
ebenfalls entscheidend. EMails, Aktennotizen etc. sollten gesammelt
werden, mündliche Aussagen sollte man sich schriftlich geben
lassen. Gerade Kollegen werden es sich zweimal überlegen, eine
Mobbingaktion in Anwesenheit des Chefs zu wiederholen oder
Beleidigungen oder ungerechtfertigte und demoralisierende Kritik
schriftlich zu äußern. Als Angegriffener sollte man
wiederholt konstruktive Lösungsvorschläge vorbringen. Werden
diese konsequent ignoriert oder zurück gewiesen, hat man eher gute
Karten.
Mobber, wie auch andere unsoziale Persönlichkeiten, scheuen Zeugen
und Beweise. Im Zweifelsfall sollte also die Bürotür offen
bleiben, Zuhörer zum Gespräch gebeten werden, Protokolle
geführt werden, die das Gespräch
oder die Situation ungeschönt festhalten. Wenn Ihre Nerven gut
genug sind,
können Sie die Gesprächsprotokolle an den Mobber mit der
Bitte um Durchsicht schicken.
Die Folge ist bei gezieltem Mobbing ein weiterer Angriff.
Was immer passiert: Bleiben Sie sachlich, höflich, konstruktiv und
gesprächsbereit. Verhalten Sie sich einwandfrei. Machen Sie Ihre
Arbeit in dem Wissen, dass Sie Ihren Job gut machen, der Mobber aber
nicht. Sorgen Sie für Zeugen und sammeln Sie
Beweismaterial. Ehe Sie aktiv werden, sollten Sie unbedingt einen
Anwalt kontaktieren. - Wie in allen schweren Lebenslagen gilt:
Verlieren Sie nie Ihren Humor!
Mobbing kann im neunstufigen Konflikteskalations-Modell
auf Stufe 8 angesehen werden. Sobald der Gemobbte nichts mehr zu
verlieren hat und sich für einen vollkommen legitimen Gegenschlag
entscheidet, kann Stufe 9 erreicht werden.
Literaturhinweis: Finanztest 2/2004
www.mobbing-net.de
Was wird verkauft?
Falls eine berufliche Situation zunehmend schwerer erträglich
wird, sollte man sich fragen, was man eigentlich verkauft.
Wirtschaftlich gesehen lautet das Geschäft: Arbeitskraft gegen
Bezahlung. Von der Seele steht nirgendwo etwas geschrieben.
Art 1.1 GG sagt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. - In
diesem Sinne ist aktives Eingreifen und aktive Hilfe von jedem
gefordert, der einen Kollegen oder eine Kollegin persönlichen
Angriffen ausgesetzt sieht.
Stark politisierte Umgebungen
Profis, Politiker und Amateure
Projekte lassen sich in zwei Kategorien unterscheiden:
- Zielgerichtete Projekte, in denen professionelle Teams
unbehindert ergebnisorientiert arbeiten.
- Ziellose Projekte, in denen unterschiedliche Interessen
Ergebnisse und Lösungen verhindern.
Diskutiert werden hier wohlgemerkt nur stark politisierte Umgebungen, die
zu paralysierten Entwicklerteams führen, nicht die
gewöhnlichen politischen Spielchen, die in so gut wie jeder
Projektumgebung vorkommen und auch nicht durch
übermäßige Bürokratie paralysierte Unternehmen.
Projektmitarbeiter lassen sich in drei Kategorien unterscheiden:
- Profis - das sind die Leute, die die Arbeit machen
- Politiker - das sind die Leute, die Interessen vertreten, z.B.
die von Unternehmen, Abteilungen, Mitarbeiter-Lobbys, Parallelprojekten
- Amateure - das sind die Leute, die entweder als Profi oder als
Politiker auftreten, jedoch im besten Falle ein Projekt nicht
behindern, im schlimmsten Fall im Wege stehen
Man sollte sich unter einem Profi nicht unbedingt einen
hochspezialisierten Experten vorstellen. Professionalität, wie
ich sie verstehe, bedeutet, dass man zunächst seine
persönlichen Vorlieben den Erfordernissen des Projekts
unterordnet; dabei wird natürlich nicht das Privatleben geopfert.
Man macht seine Arbeit in dem Bewusstsein, dafür bezahlt zu
werden, für eine Reihe von Profis ist die Bezahlung sogar die
einzige
Motivation, dass sie ihren Job machen. Profis machen ihren Job so gut
sie können, tun, was zum Projekterfolg notwendig ist, auch wenn
dies nicht ihren persönlichen Vorlieben entspricht, handeln
proaktiv und eigeninitiativ, lernen aus
Fehlern und machen ihren Job das nächste mal besser. - Amateure,
die sich im professionellen Lager tummeln, lassen sich zwar auch
bezahlen und manche denken nur ans Geld, jedoch stehen ihre
persönlichen Vorlieben im Vordergrund und ein
Qualitätsanspruch oder der Wunsch nach kontinuierlicher
Verbesserung besteht nicht. Häufig fehlt in diesem Punkt sogar
jede Form der
Kritikfähigkeit. Der amateurische Mitarbeiter im professionellen
Lager erfüllt das Klischee des hauptberuflichen Kaffeetrinkers,
der
den Tag nichts tuend verbringt, dem nichts delegiert werden kann da er
nichts erledigt, und der keinerlei eigene Initiative zeigt und
ausschließlich reaktiv handelt, der keine Fehler macht, da er
nicht arbeitet.
Der amateurische Unternehmenspolitiker erfüllt das Klischee des
Schwätzers, der Entscheidungen nicht fällt, da sie falsch
sein könnten, der Verantwortung delegiert, nicht jedoch Aufgaben,
dessen einziges Interesse darin besteht, die Anzahl seiner Untergebenen
zu erhöhen und die seiner Konkurrenten zu verringern, der seinen
eigenen Vorteil im Auge hat, nicht aber den seines Arbeit- oder
Auftraggebers, der
keinerlei professionelle Kompetenz mitbringt, mit der er eine
Entscheidung irgendwie fundieren könnte, der sich hartnäckig
und unbelehrbar falsch
entscheidet, wenn er es tut, der den Projektfortschritt blockiert und
der keinerlei Verantwortung für seine Fehlentscheidungen
übernimmt. Der
schlechte Unternehmenspolitiker ist besser als der amateurische und auf
dem halben Weg zum
professionellen Politiker, sofern mir die Profis diesen Begriff
nachsehen. Ein guter Unternehmenspolitiker ist allerdings in jedem
professionellen Team willkommen, meist auch notwendig, allerdings im
Normalfall nur ziemlich weit oben in Firmenhierarchien zu finden, kaum
auf Projektebene. Einen Politiker zeichnet aus, dass er seine
persönlichen Vorlieben den Erfordernissen des Projekts
unterordnet. Jeder gute Politiker vertritt die Interessen des Projekts
auf eine Weise,
die es den Profis ermöglicht, ohne Blockaden ihre Arbeit zu machen.
Unzureichende Fähigkeiten, insbesondere gepaart mit amateurischer
Uneinsichtigkeit, sind Projektrisiken.
Profis haben ein recht pauschales Mißtrauen gegenüber
Politikern, dem ich mich aber nicht anschließen kann. Man kann
stets einem Politiker vertrauen, dass er ein Politiker bleibt.
Interessen und Interessensgruppen
Persönliche Interessen
Im Berufsleben lassen sich zwei Formen der Karriere erkennen: Die eine
führt zu Geld, die andere zu Macht.
Die anderen Formen des
Arrangements im Umgang mit der Arbeitswelt kommen ohne Geld und Macht
aus: der Beruf wird als Berufung wahrgenommen und ist die
Lebenserfüllung oder befriedigt doch
zutiefst; die ausgeübte Arbeit wird zähneknirschend als
einzige Alternative
zur Sozialhilfe gesehen und man tut gerade genug; als nächste
Stufe ist die innere Kündigung erfolgt, Produktivität ist
nicht zu erwarten.
Persönliche
Interessen lassen sich aus diesen Umgangsweisen mit dem eigenen Job
unmittelbar herleiten, wobei nur
unverhältnismäßiges Streben nach Geld und Macht als
extrem gefährlich eingestuft werden müssen. Gemeint damit
ist, dass diese Leute nicht davon ausgehen, dass ihre gute Mitarbeit
honoriert werden soll, sondern, dass Geld oder Macht auch zu Lasten des
Projekts oder des beauftragenden Unternehmens vermehrt werden sollen.
Das Geld kommt für manche Leute vom Chef, nicht vom Kunden.
Verargumentiert wird solch ein Verhalten gelegentlich mit
wechselseitiger Ausnutzung oder, bevorzugt von der
Spät-68er-Generation im heutigen mittleren Management, der
umgekehrten Anwendung
ausbeuterisch-kapitalistischer Prinzipien. Unternehmerische Prinzipien
erfordern manchmal harte Maßnahmen, um das Überleben des
Unternehmens zu gewährleisten. Bei einigen Leuten entsteht daraus
im Laufe der Jahre eine zynische Grundhaltung, die auf Worthülsen
von Unternehmenspolitikern und dem Ausgeliefert-sein an ein subjektiv
als unfähig wahrgenommenes Management basieren: Solidarität
mit dem Unternehmen wird zwar von den Mitarbeitern eingefordert,
dieselben Mitarbeiter finden sich jedoch kurz darauf auf Arbeitssuche
und ihren Arbeitsplatz in einem Billiglohnland. Vorstände werden
mit Millionen abgefunden, einfache Arbeiter mit einem Sozialplan in die
Arbeitslosigkeit entlassen. Der normalerweise gesunde Egoismus eines
Mitarbeiters oder Vertragspartners, der sich nicht für sein
Unternehmen aufopfert, sondern einen Ausgleich der Interessen sucht,
wird - aus welchen Gründen und mit welchen Rechtfertigungen auch
immer - zum reinen eigenen Vorteilsstreben, das keine
verhältnismäßige Gegenleistung für die Bezahlung
mehr vorsieht.
Ebenfalls im Bereich der persönlichen Interessen liegt der Erhalt
des
eigenen Arbeitsplatzes und auch der vorhandenen Umgebung, sowie die
Verbesserung der eigenen Arbeitsbedingungen. Die Auflösung
einer Abteilung wird kaum jemals von der Abteilung selbst aktiv
unterstützt, selbst wenn alle
Mitarbeiter anderweitig weiter beschäftigt werden. Soll ein
IT-System
genau zu diesem Zweck eingeführt werden, dann kann mit eisernem
Widerstand gerechnet werden. Verhaltenshinweise hierzu kann ich nicht
geben, ich habe an solchen Projekten noch nicht mitgewirkt. Im einzigen
Fall, den ich selbst beobachten konnte, war klar, dass Widerstand nicht
zum Erhalt des betroffenen Unternehmens führen kann. Die
Mitarbeiter entwickelten eine gewisse Passivität und
Reaktivität, sabotierten allerdings die Übergabe nicht. Soll
dagegen ein IT-System eingeführt werden, um einigen Leuten das
Leben leichter zu machen, so muss dies auch klar kommuniziert werden
und die betroffenen Leute sollten auch direkt in den
Entwicklungsprozess mit eingebunden werden. Bei solch einer positiven
Grundstimmung hat man als Analytiker ein recht leichtes Leben.
Generell gilt, dass die Überschneidung von persönlichen
Interessen und Projektinteressen dem Erfolg förderlich ist. Selbst
Feinde verbünden sich, wenn sie gemeinsame Punkte auf der Agenda
entdecken. Liegt der persönliche Fokus verantwortlicher
Projektmitarbeiter
bei Geld oder Macht, so kann das Projekt ausschließlich dann
erfolgreich sein,
wenn die Projektinteressen den persönlichen Interessen der
fraglichen Mitarbeiter förderlich sind.
Unternehmerische Interessen
Musashi, ein bekannter Samurai, der Anfang des 17. Jahrhunderts lebte,
erschlug nicht nur ca. 60 Kämpfer im Einzelkampf, sondern war auch
als Stratege und Künstler bekannt. Er schrieb kurz vor seinem Tode
"Das Buch der fünf Ringe", ein kleines Werk über die
Schwertkunst. Er vergleicht den Weg des Samurai
mit dem anderer Berufe. Dabei stellte er sehr kernig fest: Der Weg des Kaufmanns ist es, Gewinn zu
machen. Unternehmerisches Denken fordert Gewinn.
Ein Unternehmen, das am Rande
der Pleite agiert, hat dabei nur kurzsichtige Interessen. Es geht nur
darum, die Liquidität zu erhalten. Solch eine Umgebung kann sehr
politisch werden. Muss ein Projekt um jeden Preis gewonnen werden, so
werden Produkte und Leistungen verkauft, die nicht existieren und evtl.
auch nicht erbracht werden können. Ein Business Analyst kann
dabei ziemlich in die Zwickmühle geraten, denn anstatt ein
objektiv gutes Anforderungsdokument abzuliefern, das die
Kundenwünsche wiedergibt und für die nachfolgende
Software-Entwicklung geeignet ist, kann von ihm gefordert werden, ein
objektiv schlechtes Dokument zu liefern, das interpretierbar ist und
letztendlich gegen den Auftragnehmer gerichtet wird. Sofern man sich in
solch einer eher politischen und nicht professionellen Rolle nicht wohl
fühlt, kann ich nur empfehlen, aus dem Projekt auszuscheiden und
sich einen neuen Arbeit- bzw. Auftraggeber zu suchen. Man wird in solch
einer Situation einen externen Mitarbeiter kaum für das Projekt
gewinnen können, denn einerseits muss er um seine Bezahlung
fürchten, andererseits könnte er sich in einer Situation
wiederfinden, in der sein Ruf durch die vermeintlich von ihm
erbrachten schlechten Leistungen geschädigt wird.
Langfristiges unternehmerisches Denken erfordert Expansion und
Kundenpflege. Expansion bedeutet, dass Konkurrenten aus dem
Geschäft gedrängt werden. Profis wollen aber nur ihre Arbeit
machen, sie wollen Dinge wachsen sehen, sie wollen aber nicht, dass sie
aktiv an der Zerstörung anderer Unternehmen teilhaben. Wenn sie in
einem Team arbeiten, das besser als das der Konkurrenz ist, und
dadurch schließlich das Konkurrenzunternehmen eingeht, wird das
aber normalerweise nicht weiter beachtet. Konflikte entstehen
normalerweise nicht, allerdings sollte man sich gut überlegen, ob
man Parolen zur Vernichtung der Konkurrenz ausgibt.
Es gibt vereinzelte Fälle, in denen ein Freiberufler oder
Kleinunternehmer noch eine persönliche Rechnung mit einem
früheren Auftraggeber zu begleichen hat. In diesem Fall kann der
Wunsch nach Vernichtung eines anderen Unternehmens klar
geäußert werden, und es wäre nicht das erste Mal, dass
man als Auftraggeber in Folge dessen deutlich mehr Leistungen
erhält, als man bezahlen muss. Vorsicht ist jedoch immer angesagt:
Ein solcher Charakter kann u.U. auch einmal der Meinung sein, mit Ihnen
eine Rechnung zu begleichen zu haben.
Normale Unternehmenspolitik und
Unternehmenspolitiker
Normale Unternehmenspolitik ist per Definition nichts
ungewöhnliches und kann auch nur schwerlich kritisiert werden.
Einer der häufigsten Kritikpunkte gegenüber
Unternehmenspolitikern ist die mangelhafte Informationspolitik.
Informationspolitik wohlgemerkt, nicht Informationsfluss. Ein
schlechter Informationsfluss ist ein rein professionelles Problem. Nur
wenn absichtlich Informationen zurück gehalten werden, ist der
Begriff Politik angezeigt.
Ein Unternehmen ist kein öffentlicher Debatierclub. Wenn nicht
projekt-relevante Informationen nicht gemäß den
Wünschen der Mitarbeiter verbreitet werden, z.B. über sog.
Anpassungsrunden o.ä., diese fehlenden Informationen aber die
eigene Arbeit nicht weiter behindern, ist Kritik auch nicht sachlich zu
begründen. Wechselwillige Mitarbeiter informieren ja anders herum
auch nicht ihre Vorgesetzten über ihre noch vagen Absichten und
stellen erst die Kündigung zu, wenn sie den neuen Arbeitsvertrag
in der Tasche haben. Die persönlichen Probleme einzelner
Mitarbeiter, z.B. in Bezug auf deren Lebensplanung, sollten nicht mit
projektkritischen Informationen verwechselt werden. Sehr wohl hat
jedoch ein Projektleiter ein Anrecht darauf zu wissen, ob er seine
Ressourcenplanung überarbeiten muss. Dies gilt insbesondere, wenn
Mitarbeiter ersetzt werden müssen, oder aber wenn neue Projekte
ins Haus stehen, und die Ressourcen dafür nicht verfügbar
sind.
Überlebenstipp für Professionals
Wenn ein amateurischer Politiker versucht, einen Professional für
seine Zwecke zu benutzen und dabei den Nutzen für das Projekt und
den Auftraggeber vernachlässigt, dann sieht das Machtgefüge
i.d.R. so aus, dass eine gewisse Abhängigkeit des Profis vom
Politiker besteht. Von Politikern hört man nötigenfalls den
Satz, dass niemand unersetzbar ist. Profis denken sich dazu
regelmäßig: es ist nur eine Frage der Kosten. Dasselbe gilt
übrigens auch für Politiker, auch sie können ersetzt
werden. Der Austausch eines Profis führt i.d.R. nicht zu einer
Verbesserung der Situation im Projekt, denn Wissen geht verloren und
muss neu aufgebaut werden. Der Austausch eines Politikers bringt
dagegen i.d.R. eine Verbesserung, nicht zuletzt, da eher ein Politiker
gewählt wird, der die aktuellen Interessen ausgewogen behandeln
kann.
Als Profi schuldet man ebenso wie als
Politiker seine Solidarität lediglich seinem Arbeit- bzw.
Auftraggeber und dem Projekterfolg, nicht jedoch subjektiven
Interessen. Ich gebe hier einen Tipp weiter, den mir zwei Profis in
einer recht unglücklichen Situation mit auf den Weg gaben: Do your
job. But do it good! Machen Sie Ihre Arbeit, sonst nichts. Aber machen
Sie sie so gut Sie nur können. IT-Systeme lügen nicht, sie
bilden nur die reale Welt ab. Ihr Job ist es, am Bau eines IT-Systems
mitzuwirken. Der Job eines Politikers mag es sein, genau dies zu
verhindern. Ist jedoch das Projektende einmal entschieden, dann widmen
Sie sich Ihrer neuen Aufgabe. Man ist in der IT m.E. deplatziert, wenn
man sich nicht binnen einer Minute von einer Idee verabschieden kann,
die man einmal für gut gehalten hat.
Haben Sie Zweifel, ob in Ihrem Projekt noch alles mit rechten Dingen
zugeht, dann fragen Sie eine oder zwei Etagen höher in der
Hierarchie nach. Sie sollten aber etwas mehr als persönliche
Meinungen zu bieten haben.
Mangelhafte
Projektunterstützung
Allgemeines
Auf diesen Seiten wurde verstreut immer wieder auf die Frage
mangelhafter Projektunterstützung und Verletzung der
Mitwirkungspflicht des Auftraggebers eingegangen, wenngleich nirgendwo
diese recht harte Formulierung gewählt wird. Mangelhafte
Projektunterstützung ist häufig auf eine Blockade auf Grund
politischer Manöver zurück zu führen, auf die bereits
eingegangen wurde.
Wenn von schwierigen Kunden
gesprochen wird, dann ist damit fast immer die mangelhafte
Unterstützung des IT-Projekts gemeint. In der IT-Branche
überwiegen die Stimmen derer deutlich, die die normale Mitwirkung
der Auftraggeber bzw. Fachabteilungen für unzureichend, teilweise
auch für projektgefährdend halten. Hart formuliert ist die
Verletzung der Mitwirkungspflicht durch den Auftraggeber eher die
Regel, nicht die Ausnahme. Die Kritikpunkte umfassen im wesentlichen
folgende Aussagen:
- Der Kunde weiß nicht, was er will.
- Der Kunde geht davon aus, dass das IT-Team von alleine
weiß, was er will.
- Der Kunde ist nicht gewillt, die von ihm gewünschten
Leistungen angemessen zu bezahlen.
- Der Kunde fällt keine verbindlichen Entscheidungen.
- Der Kunde artikuliert seine Wünsche nicht vollständig
und klar.
- Der Kunde bemüht sich nicht einmal um rudimentäre
IT-Kompetenz, insbesondere
- zeigt er kein Verständnis für die Bedürfnisse
eines IT-Teams.
- unterwirft er sich keinem Prozess-Modell zur
Software-Entwicklung.
- unterwirft er sich keinem Change-Request-Verfahren.
- Der Kunde ignoriert jede Zeitplanung, beharrt aber auf einem
fixen Liefertermin.
- Der Kunde verhält sich sehr reaktiv.
- Der Kunde wirkt nicht ausreichend an der Anforderungsanalyse mit.
- Der Kunde testet nicht.
- Die Unternehmenskultur blockiert Projekte anstatt sie zu
fördern.
Eine Reihe der aufgeführten Punkte entsteht immer dann, wenn in
einem Projekt ohne Analytiker gearbeitet wird, insbesondere wenn auf
eine explizite Analysephase verzichtet wird. Dann soll der (für
diese Aufgabe in den seltensten Fällen kompetente) Projektmanager
die Analyse nebenbei machen. Da der allerdings andere Aufgaben hat,
versucht er häufig die Analyse ganz oder teilweise an (dafür
ebenfalls nicht kompetente und vor allem nicht motivierte) technische
Mitarbeiter zu delegieren.
Klassisch ist folgender Witz: "In der ursprünglichen Zeitplanung
war für die Willensfindung und die kritischen
Entscheidungsprozesse 1 Monat und für das gesamte Projekt 6 Monate
vorgesehen. Das verantwortliche Management hat schließlich im 5.
Monat alle notwendigen Entscheidungen gefällt und seinen Willen
artikuliert. Es sieht nun keinerlei Hemmnisse mehr, den
ursprünglichen Liefertermin einzuhalten."
Ich habe Projekte beobachten können, in denen sechsstellige
Eurosummen auf Basis
eines vage formulierten Wisches Papier (max. 1 Seite) den Besitzer
wechselten, ohne dass klar war, was der Auftraggeber eigentlich will.
Berichtet wurde mir auch von siebenstelligen Summen. Die
gewünschten Liefertermine waren vollkommen absurd, sodass gar
keine Alternative gegeben war, außer eigenmächtige
Entscheidungen des Auftragnehmers.
Festzustellen ist, dass sehr viele Leute der IT und insbesondere dem
Medium Internet relativ hilflos gegenüber stehen. Darunter sind
auch
eine Reihe von Projektleitern auf Auftraggeberseite, die bereits eine
ganze Menge Projekte abgewickelt haben, jedoch mit hartnäckiger
Konsequenz Fehler wiederholen. Dasselbe gilt sinngemäß
für Projektleiter auf IT-Seite: Sie entwickeln keinerlei
Strategie, mit schwierigen Kunden
umzugehen, und wiederholen letztendlich ebenfalls immer wieder
dieselben Fehler.
Wie ist nun mit solch einer Situation umzugehen? Dargestellt werden
lediglich die gröbsten Katastrophen-Szenarios. Sofern einzelne
Leser konkrete Fragen, Beiträge oder Wünsche haben, schreiben
Sie mich bitte direkt an (Kontakt)
oder starten Sie eine Diskussion im Forum.
Fehlende IT-Kompetenz
Fehlende IT-Kompetenz kann an drei Stellen auftreten:
- In der Fachabteilung an allen Stellen, die verantwortlich an der
Entwicklung eines IT-Systems beteiligt ist.
- Bei der Person des Business Analysten.
- Bei der Person des Projektleiters, der das Entwicklerteam
verantwortlich anleitet.
Bei allen drei Punkten tobt ein Glaubenskrieg, ob IT-Kompetenz
überhaupt notwendig ist. (vgl. Verschiedenes
zur Business Analysis) Unzweifelhaft ist lediglich, dass ein
normaler Fachanwender kein Informatik-Diplom haben muss.
Beispiele aus der Praxis:
Eine vom Bund und von den Ländern finanzierte GmbH hatte die
Aufgabe, einen bestimmten Behördentyp kostenlos mit IT-Leistungen,
insbesondere mit angepasster Software zu versorgen. Nach einem
Gespräch mit dem verantwortlichen Abteilungsleiter einer solchen
Behörde äußerte sich ein GmbH-Mitarbeiter mit den
Worten: "Die Abteilungs- und Referatsleiter anderer Behörden
bemühen sich zumindest, die Materie zu verstehen."
Ein Business Analyst mit abgeschlossenem Studium der Informatik
erklärte einmal, nicht in der Lage zu sein, die Lösung einer
Quadratischen Gleichung programmieren oder ein ERM lesen zu
können. Seine Kollegen umschrieben diesen Umstand mit "sehr
unerfahren".
Ein Projektleiter, der von einem Handwerksberuf umgeschult hatte,
verstand nicht einmal die fundamentalsten "Basics" einer
Webarchitektur, über die er Entscheidungen fällte, ohne seine
Mitarbeiter zu konsultieren.
Ich will mich diesem Glaubenskrieg nicht anschließen, allerdings
hinterfragen, ob sich jemand auf eine Blinddarmoperation einlassen
würde, wenn er wüßte, dass der Anästhesist und der
Chirurg ihren Beruf nach einer 18-monatigen Umschulung seit drei Jahren
ausüben und immerhin die Hälfte bis zwei Drittel ihrer
Patienten überlebt
haben.
Eine Lösung für Schwierigkeiten, die aus fehlender
IT-Kompetenz erwachsen, kann ich nicht anbieten. Die Personalauswahl
hat im Vorfeld des Projekts statt zu finden und die Ansprechpartner in
Schlüsselpositionen müssen qualifiziert genug für ihren
Job sein. Nötigenfalls ist eine rasche Eskalation unter Umgehung
der Hierarchien mit dem Ziel der Ersetzung eines ungeeigneten
Mitarbeiters unvermeidbar.
Mangelhafte
Kommunikationsfähigkeiten
Mangelhafte Kommunikationsfähigkeiten, die bis hin zu massiven
Kommunikationsstörungen gehen, kommen als Ausnahmefälle vor.
Normalerweise nehmen Leute mit Kommunikationsproblemen genau aus diesem
Grunde nicht in verantwortlicher Position an einem IT-Projekt in der
Analysephase teil. Als Business Analyst ist man ernsthaft gefordert,
sollte es doch so sein. Die betroffenen
Ansprechpartner finden sich für den Analytiker eher auf der
ausführenden Ebene, nicht auf der entscheidenden.
Charakteristisch ist eine unklare oder unscharfe Ausdrucksweise oder
starke
Zurückhaltung bis hin zur Schüchternheit oder der Situation
unangemessene Introvertiertheit, die sich nicht nur im Arbeitsumfeld
findet. Der fragliche Fachanwender hinterlässt häufig schon
beim ersten Treffen einen wenig selbstsicheren Eindruck, spricht wenig,
wählt komplizierte grammatikalische Konstruktionen, bringt
Gedanken nicht zu Ende oder trägt unzusammenhängende
Informationen vor. Beim
Analytiker sind in diesem Fall vor allem seine sozialen Kompetenzen
gefordert. Er muss Hemmschwellen abbauen und die Entstehung eines
Vertrauensverhältnisses noch mehr fördern, als dies
normalerweise der Fall ist. Unklare Ausdrucksweise kann
recht einfach in den Griff bekommen werden, wenn der Analytiker die
Auskünfte des Fachanwenders klar formuliert und dann eine ja-nein-Frage zur Korrektheit
seiner eigenen Formulierung stellt. Vorsicht: Solche Leute antworten
manchmal nicht mit ja oder nein, sondern tragen weiter reichende
Gedanken vor. Der Analytiker kann dann freundlich(!) nochmals
nachfragen und dabei darauf hinweisen, dass er ein ja, ein nein oder
die Aussage erwartet, dass die Frage nicht binär beantwortet
werden kann. Der Analytiker kann dabei auch auf
die Körpersprache seines Ansprechpartners achten; m.E. ist dies
jedoch grundsätzlich kein Weg, um zu verläßlichen
Aussagen zu kommen, und keinesfalls sollte nur auf Grund der
Körpersprache eine Aussage unterstellt werden. Wesentlich bei der
Analyse ist der Prozess
verstehen-spezifizieren-verifizieren, und die Verifikation der
Spezifikation ist ein formaler Prozess im Rahmen eines Reviews. In
meiner Praxis hat sich bewährt, solche Fachanwender bei ihrer
Arbeit
zu beobachten. Dabei soll der Fachanwender allerdings seine
Tätigkeit primär "zeigen" und sekundär erklären.
Man findet dann
häufig eine gemeinsame sehr einfache Sprache, die vollkommen
ausreicht.
Beispiel aus der Praxis
Ein Fachanwender hatte stets Schwierigkeiten, seine Wünsche zur
Weiterentwicklung eines von ihm benutzten Systems zu artikulieren.
Nachdem nach geraumer Zeit ein relativ solides
Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem zuständigen
Analytiker entstanden war, liefen Dialoge etwa so ab: Der Fachanwender
führte seine Tätigkeit vor, im konkreten allerersten solchen
Fall rief er ein Bildschirmformular auf. Dann sagte er knapp, was er
wollte. "Kann man hier etwas einbauen, sodass ein Ausdruck kommt,
wenn ich auf einen Knopf drücke." Dann deutete er mit dem Finger
auf die fraglichen Datenfelder auf dem Formular und auf einem
zugehörigen Folgeformular. Der Wunsch wurde umgehend erfüllt.
Da sich das Verfahren offensichtlich bewährt hatte und der recht
introvertierte Fachanwender bemerkte, dass er und seine
Bedürfnisse Ernst genommen wurden, wurde auf diese Weise noch
eine Reihe von nützlichen Anforderungen erfasst und umgesetzt.
Schließlich wurde dieser Fachanwender sogar zu einer treibenden
Kraft bei der laufenden Weiterentwicklung des Systems.
Förderlich ist es stets, den Fachanwender auf seine eigenen
fachlichen Kompetenzen hinzuweisen, darauf, dass er etwas weiß
und kann, was der Analytiker nicht kann. Absolut nicht förderlich
ist es, ungeduldig zu werden oder den Fachanwender "schwach anzureden"
oder Druck auszuüben. Immer sollte die Möglichkeit in
Betracht gezogen werden, den
Ansprechpartner auswechseln zu lassen, sofern dies dem Projekt
förderlich ist. Auf die Befindlichkeit des betroffenen
Fachanwenders sollte dabei jedoch grundsätzlich geachtet werden,
denn er wird dadurch sicherlich nicht selbstsicherer und beim
nächsten Projekt wird es nicht einfacher.
Das andere Extrem findet sich in übermäßigem
Expertentum. Gemeint damit sind fachlich sehr gute und i.d.R. hoch
spezialisierte Leute, die
allerdings nicht mehr in der Lage sind, komplexe Inhalte auf ein
einfaches Niveau herunter zu brechen, sodass sie IT-tauglich
spezifiziert werden können. Der Analytiker muss hier
natürlich ebenfalls dem Prozess
verstehen-spezifizieren-verifizieren folgen, wobei er sicherstellen
muss, dass er auch verstanden hat, was der Fachanwender will. Extreme
Spezialisten werden bei diesem u.U. langwierigen Prozess ungeduldig und
weisen (häufig aus Zeitmangel, denn sie sind gefragte Leute, von
denen der Tagesbetrieb abhängt) ausführliche Fragestunden
zurück. Der Analytiker sollte dann einen anderen Domain-Experten
konsultieren. Zudem sollte geprüft werden, ob der Analytiker
für das Gesamtprojekt überhaupt geeignet ist, oder ob man
jemanden braucht, der tieferes Verständnis für die Materie
hat. Der Normalfall ist jedoch, dass sich die fraglichen Details binnen
weniger Tage klären lassen, sofern Fachliteratur und
auskunftsfreudigere wenn auch nicht so spezialisierte Experten zur
Verfügung stehen. Um solch einen Experten ausfindig zu machen,
kann man nach dem Urlaubsvertreter des Spezialisten fragen oder sich
von ihm einen Ansprechpartner empfehlen lassen.
Ein Projektrisiko entsteht dann, wenn für
das Projekt ein Analytiker mit tiefem Fachwissen benötigt wird,
aber ein Analytiker ohne oder mit nur oberflächlichem Wissen
angeheuert wurde. Ein anderes Projektrisiko entsteht, wenn der
fragliche Experte nicht gewillt ist, sein Wissen zu kommunizieren,
obwohl er dafür freigestellt wird. Diese Freistellung muss
natürlich echt sein und kann sich nicht darauf beschränken,
dass der Vorgesetzte anordnet, für die nächsten Tage oder
Wochen das Tagesgeschäft unerledigt liegen zu lassen.
Sprachbarrieren
Aus Sicht des Business Analysten kann es drei Sprachbarrieren geben:
- Analytiker und Fachanwender sprechen nicht dieselbe Muttersprache
und haben in keiner gemeinsamen anderen Sprache genügend Kompetenz
- Analytiker und Entwicklerteam sprechen nicht dieselbe
Muttersprache und haben in keiner gemeinsamen anderen Sprache
genügend Kompetenz
- Fachanwender und Entwicklerteam sprechen nicht dieselbe
Muttersprache und haben in keiner gemeinsamen anderen Sprache
genügend Kompetenz, direkte Kommunikation ist aber (aus welchen
Gründen auch immer) notwendig
Dass Projektleiter und Analytiker miteinander kommunizieren können
müssen, will ich nicht weiter breit treten.
Zwar ist das englische Sprachniveau von Mitarbeitern der IT-Teams in
aller Regel hoch, nicht jedoch unbedingt das des Analytikers und des
Fachanwenders. Konflikte
ergeben sich bevorzugt dann, wenn z.B. der Auftraggeber in Deutschland
sitzt, die Analyse in der Unternehmenssprache Englisch ausgeführt
haben will, die zu befragenden Fachanwender jedoch nur Deutsch
sprechen, aber die englische Version des Dokuments zur Durchsicht
erhalten und in Review-Meetings plötzlich Englisch gesprochen
werden
soll, und das Entwicklerteam in Osteuropa sitzt, wobei die Entwickler
lediglich ihre Muttersprache und Englisch sprechen, deren Designer
jedoch Englisch nicht gut genug beherrscht, um das Analysedokument zu
verstehen. Absurd wird es immer
dann, wenn Testversionen abstürzen und die Fehlermeldung nicht
dargestellt werden kann, da der kyrillische Zeichensatz in der
Testumgebung nicht installiert ist.
Beispiel aus der Praxis
Unternehmenssprache war Englisch, das Unternehmen selbst war in
Deutschland, der Fachanwender kam aus dem arabischen Sprachraum, sprach
zwar gut Deutsch, konnte sich aber auf Englisch nur mühsam
artikulieren, und arbeitete mit einem südeuropäischen
Analytiker zusammen, der zwar perfekt Englisch sprach, jedoch kein Wort
Deutsch.
Prinzipiell muss sicher gestellt sein, dass ein Analytiker und seine
Fachanwender ohne Schwierigkeiten miteinander sprechen können. Ist
dies nicht gegeben, dann sollte der Analytiker oder der zuständige
Fachanwender ausgewechselt werden. Das Analysedokument soll in einer
Sprache geschrieben werden, die ebenfalls von beiden verstanden wird,
am besten natürlich in der gesprochenen Sprache. Nach Abnahme kann
dann das Analysedokument in eine Sprache übersetzt werden, die
sowohl vom Analytiker als auch vom Software-Designer verstanden wird.
Diese Übersetzung sollte vom Analytiker unterstützt werden,
indem er das Glossar mehrsprachig hält.
Da der Analytiker als erster zu Rate gezogen wird, wenn im technischen
Team Fragen bestehen, sollte auch hier keine wirkliche Sprachbarriere
bestehen. Allerdings kann die gemeinsame Sprachkompetenz unterhalb
derjenigen zwischen Fachanwender und Analytiker liegen. Man diskutiert
i.d.R. Abläufe, Datenstrukturen und Algorithmen, die durch in der
Informatik verwendete Metasprachen dargestellt werden können; zur
Klärung
der anstehenden Fragestellungen reicht häufig schon ein
Mittelstufenniveau.
Keine Zeit
Keine Zeit haben Fachanwender und andere Leute stets dann, wenn sie
neben dem
Tagesgeschäft verantwortlich ein IT-Projekt betreuen sollen, ohne
vom Tagesgeschäft ausreichend freigestellt zu werden. Dasselbe
gilt, wenn Mitarbeiter mehrere Projekte gleichzeitig betreuen sollen.
Mangelhafte
Projektunterstützung zu unterstellen, ist hier nicht angebracht.
Vielmehr liegt ein grober Planungsfehler vor, der die
Verfügbarkeit der Ressource Fachanwender nicht
berücksichtigt. Der Vorfall sollte gemeinsam mit dem Fachanwender
(bzw. der Person in Zeitnot) besprochen werden und eine gemeinsame
Eskalation sollte angestrebt werden. Ziel dabei ist die echte
Freistellung von anderen Aufgaben, nötigenfalls auch die
Änderung von Terminplänen und Lieferterminen, nicht aber die
Genehmigung von
unbezahlten Überstunden.
Selten wird keine Zeit zu haben nur vorgeschoben, um sich nicht mit
einer ungeliebten Aufgabe herum ärgern zu müssen.
Grundsatzdiskussionen helfen hier ebenso wenig weiter, wie wenn der
Mitarbeiter tatsächlich keine Zeit hat. Man muss sich stets an der
Realität orientieren. Eine gemeinsame Planung der zu erledigenden
Arbeiten, die auch im Projektplan berücksichtigt wird, ist der
richtige Weg.
Erstaunlich bei einigen Leuten, die schließlich keine Zeit haben,
ist immer wieder, dass es
- Mitarbeiter in ausführenden Positionen gibt, die die
Übertragung von Arbeitspaketen und den damit verbundenen Terminen
akzeptieren, obwohl sie wissen, dass sie nicht liefern können
- Mitarbeiter in koordinierenden Positionen gibt, auch
Projektmanager, die einen Hinweis auf Überlastung eines
ausführenden MItarbeiters mit einem "es geht nicht anders", oder
einem "regeln Sie das selbst" oder einem Schulterzucken abtun, mithin
also Verantwortung delegieren, nicht aber Aufgaben
Für eine Lieferzusage, von der man weiß, dass man sie nicht
einhalten kann weil man tatsächlich keine Zeit (oder nicht die
notwendigen Fähigkeiten) hat, gibt es keine Entschuldigung. Es ist
eine Lüge, eine Unverschämtheit und ein Betrug am
Auftraggeber und an sich selbst. Jemandem einen Termin aufs Auge zu
drücken obwohl
man weiß, dass derjenige bereits überlastet ist,
tatsächlich keine Zeit für diese Aufgabe hat, und ihn in
seiner Chancenlosigkeit alleine lässt, ist unprofessionell,
rücksichtslos und ebenfalls ein Betrug am Auftraggeber und an sich
selbst.
Falls ein von der Fachabteilung geforderter Termin
mangels Zeit und Zuarbeit der Mitarbeiter dieser Fachabteilung nicht
gehalten werden kann, hat das IT-Team keinerlei
Argumentationsschwierigkeiten. Es obliegt dem Projektmanager dafür
zu sorgen, dass sein IT-Team nicht durch
unverhältnismäßige Mehrarbeit Versäumnisse im
Vorfeld der Entwicklung kompensieren muss.
Eine Buch über Zeitmanagement zu lesen, ist sicher kein Fehler.
Desinteresse
Desinteresse an einem Projekterfolg, insbesondere mangelhafte
Projektunterstützung durch das höhere Management, ist eines
der größten Projektrisiken.
Desinteresse ist ein entfernter Verwandter des keine Zeit habens. Von
Desinteresse an einem Projekt und somit auch am Projekterfolg kann man
stets dann sprechen, wenn insbesondere das höhere Management oder
die wesentlichen Leute für richtungsweisende Projektentscheidungen
dem Projekt ihre aktive Mitwirkung verweigern. Der Normallfall ist,
dass Manager Ereignis-getrieben funktionieren, also kurzfristig andere
Prioritäten zu setzen haben. Wenn es brennt, dann werden sie
gerufen und müssen den Brand löschen. Für mittel- oder
langfristige Entscheidungen, die noch dazu mit erheblichem Zeitaufwand
verbunden sind, fehlen bei einer sechzig-Stunden-Woche Zeit und Nerven.
Beispiel aus der Praxis
Im Rahmen eines Kurzprojekts wurden wöchentliche Statusmeetings
vereinbart. Von den sechs Statusmeetings ließ der Auftraggeber
drei ersatzlos ausfallen, die Abschlusspräsentation wurde auf
unbestimmte Zeit verschoben.
Offensichtlich rangieren die Prioritäten wo anders höher.
Auch hier muss festgestellt werden, dass man zwar davon ausgehen
sollte, dass ein Unternehmen und seine Vertreter massives Interesse am
Erfolg laufender Projekte haben sollten.
An der Priorisierung des eigenen Projekts durch andere Leute kann man
nicht viel machen, sehr wohl kann man allerdings anstehende
Entscheidungen rechtzeitig einfordern. Forderungen nach
Unterstützung und Entscheidungen, die dringlich sind, sollten auch
als dringlich kommuniziert werden. Eine lange Begründung ist
normalerweise nicht notwendig. Meist tut es eine dreizeilige EMail, in
der die Frage, die Dringlichkeit und die Auswirkungen bei
Verzögerungen dargestellt werden.
Anders gelagert ist der Fall, wenn sich hinter dem Desinteresse
handfeste persönliche Interessen verbergen. Konkret heißt
dies, dass Sabotage betrieben wird. Dies ist weniger ungewöhnlich,
als es den Anschein hat. Anfällig ist die Konstellation, dass zwei
Personen mit relativ umfangreichen Verwantwortlichkeiten um eine
Beforderung konkurrieren, beide allerdings in ihren Arbeitsergebnissen
von der Kooperation des anderen abhängen. Falls es dem einen
gelingt, die Arbeit des anderen zu sabotieren, ohne dass dies bemerkt
wird, aber dennoch selbst seinen Job gut genug zu machen, dürfte
die Entscheidung um die Beförderung gefallen sein. Zunächst
gilt es, solch eine Situation zu erkennen, allerdings lasse ich mich
auf diesen Seiten nicht auf Strategiemodelle für den
persönlichen Kleinkrieg ein. Unter www.guerillakrieg.de
finden Sie Material zu Strategie und Strategiemodellen.
Controlling-Paralyse
Controlling-Paralyse nenne ich jenen für größere
Unternehmen charakteristischen Zustand, in denen übertrieben
striktes Controlling
kombiniert mit der Bestrafung persönlicher Eigeninitiative vor
allem einen Projektbeginn erschwert, jedoch auch regelmäßig
den Projektfortschritt behindert und unterm Strich jede Form effektiver
Arbeit abwürgt. Controlling ist in jedem Projekt und
jedem Unternehmen Pflicht. Je größer das Unternehmen, um so
strikter ist die dazu gehörende Bürokratie. Projekte
müssen in entsprechenden Systemen eingerichtet werden, Ressourcen
(=Personen) müssen diesem Projekt zugeordnet werden, und die im
Projekt eingesetzten Personen müssen ihre Zeiten i.d.R. auf eine
viertel oder halbe Stunde genau belegen und mit Projekten verbuchen.
All dies sind grundlegende Notwendigkeiten und keine dieser
Maßnahmen kann kritisiert werden.
Man sollte meinen, dass ein Projekterfolg vom Unternehmen und dem
Controlling gewünscht ist und die einzelnen Mitarbeiter in ihrer
Arbeit gefördert werden. Häufig entsteht jedoch der Eindruck,
dass einzelne Mitarbeiter die hauseigenen Hemmnisse umschiffen
müssen, um einen Projekterfolg überhaupt zu ermöglichen.
Aus dieser Situation heraus ergibt sich gelegentlich das folgende
vollkommen absurde Szenario, das am besten durch ein Beispiel aus der
Praxis dargestellt wird.
Beispiel aus der Praxis
In einem Großunternehmen war ein neuer externer
Projektmitarbeiter im Rahmen einer Istaufnahme betrieblicher Prozesse
auf Informationssuche. Ein Kollege verwies informell
auf einen Mitarbeiter zwei Schreibtische weiter. Der Mitarbeiter wurde
spontan einige Minuten lang interviewt und gab wesentliche Hinweise.
Dieser Mitarbeiter wollte schließlich auch wissen, um welches
Projekt es sich handele,
der Externe (gerade eine Woche dabei) gab seine Auskünfte, so gut
er konnte. Wenig später schlug der interviewte Mitarbeiter mit
einem Kollegen aus dem Controlling auf, der sehr ungehalten
darüber war, dass offenbar die notwendige Bürokratie zur
Verrechnung der Zeiten nicht gegeben war. Dabei wurde offen damit
gedroht, evtl. anstehende Zahlungen zu verweigern. Der externe
Mitarbeiter verwies auf seinen Projektleiter und kümmerte sich
ansonsten nicht um den Vorfall. Am selben Tag bat der Externe seinen
ursprünglichen Interviewpartner noch um die Durchsicht eines
inzwischen angefertigten Papiers. Der vormals kooperative
Interviewpartner lehnte dies, die Beantwortung weiterer Fragen und auch
jegliche andere Kooperation ab, da die Controlling-Fragen noch nicht
geklärt seien. Dabei stellte er nachdrücklich und
glaubwürdig klar, dass dies nicht persönlich zu verstehen
sei. Vom Externen befragt, ob diese Situation eine
Ausnahme sei, erklärte der Mitarbeiter sichtlich frustriert: "Ich
bin jetzt seit fünf Jahren hier, und es war noch jedesmal so." -
Das Projekt war nach sieben Wochen und 150 Personentagen abgeschlossen,
allerdings hatte die hauseigene Bürokratie es nach wie vor nicht
geschafft, eine Projektnummer zu definieren und somit die Zeiten
verbuchbar zu machen. Weiterhin mussten die neuen externen Mitarbeiter
mehrere Wochen mit Besucherscheinen ins Gebäude gebracht werden,
da die Beschaffung von Gästeausweisen ca. vier Wochen dauerten.
Kurz vor Projektende waren schließlich alle Hürden genommen,
um den neuen Kollegen einen EMail-account und Zugriff auf das lokale
Netzwerk zu verschaffen, bei Projektende waren aber die notwendigen
accounts noch immer nicht frei geschaltet.
Ein Mitarbeiter, der seine Zeiten auf 15 Minuten genau belegen und einem Projekt zuordnen muss,
wird letztendlich dafür bestraft, wenn er in Eigeninitiative ein
Projekt unterstützt, das er nicht verbuchen kann. Eine daraus
resultierende Verweigerungshaltung gegenüber nicht verbuchbaren
Anfragen ist durchaus verständlich, man sollte in einer solchen
Situation nicht von Böswilligkeit ausgehen. Vielmehr wird solch
ein Mitarbeiter mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits
einige Male für seine Initiative zurecht gewiesen worden sein,
sodass er kein Interesse an weiteren Strafaktionen hat. Das Resultat
sind häufig tagelange Verzögerungen bei der Allokierung von
wesentlichen Wissensträgern, die weitaus mehr kosten, als wenn dem
Mitarbeiter Raum für Eigeninitiative zugebilligt wird.
Benötigt man den fraglichen Mitarbeiter evtl. nur einmalig
für eine Stunde, so wird der zu treibende Aufwand für die
Verbuchung der Zeiten zum schlechten Scherz.
Es geht allerdings auch anders.
Beispiel aus der Praxis
In einem mittelständischen Unternehmen wurde ein Arbeitstag
prinzipiell nur mit sechseinhalb oder sieben Stunden belegt, obwohl der
Arbeitstag zu acht Stunden vorgesehen war. Von der verbleibenden Zeit
wurde angenommen, dass sie der Mitarbeiter anderweitig sinnvoll
verbrachte, z.B. für informelle Zuarbeit bei anderen Projekten,
Weiterbildung oder andere Hilfeleistungen für Kollegen und
Vorgesetzte. Die Gesamtkalkulation für Projektkosten war
natürlich entsprechend abgestimmt.
Das Beispiel zeigt eine solide Umgangsweise mit der echten Arbeitswelt.
Wenn es nicht einmal nach mehreren Wochen möglich ist, auf
formellen Wegen einen Zugriff auf EMail und lokale Datendienste zu
bekommen, wenn es nicht einmal möglich ist, ohne "entliehenen"
Account auch nur ein Textverarbeitungssystem zu nutzen, dann wäre
es verwunderlich, wenn nicht zumindest ansatzweise Frust und Ärger
in der Luft schwebt - sieht man einmal ganz davon ab, dass die
Mitarbeiter an der Ausführung ihrer Arbeit nachhaltig behindert
werden.
Ist man mit Controlling-Paralyse
konfrontiert, so hilft nur eine rasche Eskalation des Vorfalls. Als
Business Analyst hat man einen Projektleiter, und zwar für genau
solche Fälle. Aufgabe eines Projektleiters ist es, seinen Leuten
zu ermöglichen, ihren Job zu machen. Der
Projektleiter hat schnell dafür zu sorgen, dass solche Ereignisse
nicht mehr vorkommen oder doch minimiert werden.
Tückisch sind in einem solchen Umfeld informelle Kanäle. Zwar
erhält man als Analytiker auf diesem Weg seine Ergebnisse, jedoch
tut man sich ggf. schwer bei der Frage, woher man die notwendigen
Informationen hat. Deckt man seine Quelle auf, wird der fragliche
Mitarbeiter womöglich zur Rede gestellt und abermals wird
Initiative bestraft. Es dürfte dann das letzte Mal gewesen sein,
dass man diesen informellen Kanal hat nutzen können.
Chronische Reaktivität
Reaktivität bedeutet, dass man nach einem Feuerlöscher sucht,
wenn es brennt, und falls man ihn findet, feststellt, dass er beim
letzten Brand schon geleert und nicht mehr aufgefüllt wurde.
Proaktivität bedeutet, dass man
weiß, wo der Feuerlöscher steht, regelmäßig
prüft, ob er einsatzbereit ist, und zudem noch einen Feuermelder
installiert und brennbares Material sicher verwahrt, die Fluchtwege
kennt und die Telefonnummer der Feuerwehr im Kopf hat. - Im
München-Teil der Süddeutschen Zeitung stand einmal sehr
trefflich, dass man bei der Münchner S-Bahn offenbar jedes Jahr
aufs neue überrascht ist, dass im Winter Schnee fällt. - Im
Englischen hört man gelegentlich vom "nine to five thinking".
Es gibt Projektstadien, in denen man nicht selbst am Zuge ist. In
diesen Fällen wechselt man bewusst in einen reaktiven Zustand und
stimmt dies mit seinen Kollegen ab. Dies ist stets dann der Fall, wenn
die eigenen Verpflichtungen vollständig erledigt sind und
abzuwarten ist, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt, das als
Auslöser für neue Aktivitäten dient. Warten ist jedoch
kein passiver Zustand.
Eine Geschichte
Ein Bauer ging nach der harten Feldarbeit nach Hause. Plötzlich
schreckte er einen Hasen auf, der blindlinks los rannte, mit dem Kopf
gegen einen Baum lief und tot umfiel. Der Bauer machte ein Feuer, briet
den Hasen, setzte sich neben den Baum und dachte bei sich: "Nun warte
ich auf den nächsten Hasen."
Reaktive Mitarbeiter reagieren, sie agieren nicht. Sie bedürfen
stets eines kritischen oder schmerzhaften Ereignisses, um zu reagieren,
selbst ein Wink mit dem Zaunpfahl ist nur ein Wink, der kein Anlass zur
Initiative ist. Solche Charaktere sind als Business Analysten
oder in leitenden Positionen ungeeignet. Auf Fachanwenderseite stellen
sie mindestens ein
Ärgernis dar, meist jedoch ein ernsthaftes Risiko. In ihrer
Reaktivität enthalten sie wesentliche Informationen vor.
("Warum haben Sie das nicht vorher gesagt?" - "Sie hatten mich nicht
gefragt.")
Delegation impliziert, dass die delegierte Aufgabe auch überwacht
wird. Wird jedoch auf Grund chronischer Reaktivität die
hinreichend exakte Formulierung bzw. Anordnung der Formulierung und die
permanente Überwachung ("polling" im Sinne der IT)
aufwändiger als die Aufgabe gleich selbst zu erledigen, wird es
kritisch. Ein Projekt verträgt unter zehn Leuten vielleicht einen
chronisch reaktiven und vier oder fünf "normale"tendenziell
reaktive
Mitarbeiter, braucht dann aber zwei oder drei normale proaktive und
wenigstens zwei sehr proaktive Leute, wobei der Projektleiter nicht
mitgerechnet wird.
Proaktivität kann nicht erzwungen werden. Es handelt sich mehr um
einen Charakterzug bzw. eine Lebenseinstellung, als um eine
Angwohnheit. Im Einzelfall muss entschieden werden, ob der Mitarbeiter
seiner Bezahlung adäquate Leistungen erbringt, oder ob man ihn
besser ersetzt. Aus reaktiven Menschen können proaktive werden,
allerdings sollte man keine Wunder nach einmalige Apellen erwarten,
sondern mehrere Jahre Geduld mitbringen.
Uneinsichtigkeit
Der Begriff Uneinsichtigkeit ist sehr dehnbar und interpretierbar.
Zeigt sich ein Mitarbeiter uneinsichtig, so entsteht normalerweise ein
Konflikt besonderer Art. Das Interesse des Mitarbeiters am
Unternehmenserfolg oder Projekterfolg kann dabei durchaus sehr hoch
sein, er sieht allerdings
womöglich nicht, wie der
(von Ihnen
vorgegebene und) eingeschlagene Weg dorthin führen soll. Insofern
muss man grundsätzlich erst einmal sich selbst fragen, wo der Hund
begraben liegt: Sagt der Mitarbeiter, dass er etwas "nicht einsieht"
und nennt er Ursachen dafür? Oder unterstellen Sie dies nur?
Ist der Mitarbeiter tatsächlich uneinsichtig, oder verfolgt man
selbst einen Weg in eine Sackgasse und ist nur nicht in der Lage (z.B.
mangels Kompetenz) oder gewillt (z.B. wegen eines aufgeblähten
Egos oder Vorurteilen dem Mitarbeiter gegenüber), die Argumente
des fraglichen Mitarbeiters anzuhören und zu verstehen?
Schüchtert man womöglich sein Gegenüber so sehr ein,
dass er Angst vor einer Bestrafung hat, sollte er frei von der Leber
weg sprechen? Womöglich hilft schon ein: "Vergessen Sie mal
für einen Augenblick, dass ich Ihr Chef bin und erklären Sie
es mir wie einem Azubi."
Hartnäckige Uneinsichtigkeit bedeutet, dass man mit
objektivierbaren Fakten argumentiert, dass diese Fakten jedoch ohne
Gegenargumentation zurück gewiesen werden. Anders herum
heißt das, dass Sie womöglich nicht die Argumente Ihres
Mitarbeiters anhören, nicht etwa er nicht die Ihren. Die Grenze
kann verschwimmen, wenn man aneinander vorbei redet.
Beispiel aus der Praxis
Vermutlich galt ich einmal in jungen Jahren als ziemlich uneinsichtig,
als ich darauf insistierte, eine bestimmte Aktion auf eine von mir
vorgeschlagene Art und Weise durchzuführen. Das Projekt war in
einer verzwickten Lage, die fraglich Aktion musste unter Zeitdruck
durchgeführt werden, und meine Methode war bereits mehrfach
erfolgreich gelaufen. Einen Monat zuvor war mein Weg durch einen
anderen Weg abgelöst worden, jedoch hatte sich das Geschäft
bewegt (d.h. tatsächlich hatte der fragliche Fachanwender nur
einen Teil der Anforderungen kommuniziert) und die Fortentwicklung der
aktuellen Methode würde ins Stocken geraten, sollte sie ad hoc an
die neuen Forderungen angepasst werden. Nachteilig war, dass die von
mir produzierten Daten in das neue System nachmigriert werden mussten.
Der Projektleiter lehnte meinen Vorschlag als "nicht zur Debatte
stehend" ab. Weder wurde der Vorschlag einer genaueren Prüfung
unterzogen, noch wurden Aufwandsschätzungen vorgenommen, welcher
Weg teurer würde. Ich reagierte damals sehr verärgert und
auch verstockt. - Inzwischen bin ich älter und hoffentlich auch
etwas klüger, frage mich aber immer noch, ob nun ich oder der
Projektleiter uneinsichtig war. Jedenfalls würde es heute in einer
ähnlichen Situation nicht mehr zu solch einer fest gefahrenen
Situation kommen.
Man hat nur wenig davon, wenn man den Willen seiner Untergebenen
bricht. Besser ist es, sie zu überzeugen. Ein Mensch ist immer
dann am überzeugtesten von einer Idee, wenn er sie selbst
entwickelt hat. Wenn Sie also Ihren Mitarbeiter oder Kollegen soweit
kriegen, dass er
Ihre Gedankengänge selbst nachvollzieht und zu seinen eigenen
macht, ist er in des Wortes wahrsten Sinne einsichtig. Nicht zu
überzeugen ist jemand, der eine Idee oder einen Ansatz nicht
verstanden hat.
Um jemanden, der uneinsichtig ist, zu überzeugen, muss man erst
eine funktionierende Kommunikation herstellen. Dringen Sie
überhaupt zu der Person durch? D.h. kommt das, was Sie sagen
wollen, bei der Person an? Was tut Ihr Gegenüber überhaupt,
was kommuniziert er? Ist Ihnen klar, was Ihr Gegenüber eigentlich
sagen will? Man kann hier sehr leicht in eine Falle laufen. Aus welchen
Gründen auch immer kann ein scheinbar uneinsichtiger Mensch eine
Art Blockade haben, die ihn vorübergehend davon abhält
deutlich und für Sie verständlich mitzuteilen, was er
eigentlich zu sagen hat. Wenn Sie das vierte oder fünfte Mal
hintereinander gesagt haben, dass Sie nicht verstehen, worauf Ihr
Gegenüber hinaus will, kann man versuchen, ihn im
übertragenen Sinne aufzuwecken. Eine Gesprächsunterbrechung
und komplette Ablenkung kann hilfreich sein, um etwas später
wieder auf das Thema zurück zu kommen. Eine gemeinsame Tasse
Kaffee zusammen mit einem kurzen Gespräch über etwas
gänzlich anderes (Familie, Urlaub o.ä.) führt recht
zügig aus einer Blockade-Endlosschleife heraus. Anschließend
kann der Mitarbeiter sehr häufig klarer sagen, was er will. Wenn
man dann soweit kommt, dass man gemeinsam eine Lösung entwickelt
und der Mitarbeiter schließlich (und ohne fürchten zu
müssen, hämisch ausgelacht zu werden) erkennt, dass seine
eigenen Gedankengänge in eine objektiv falsche Richtung gingen,
löst sich das Ärgernis von alleine.
Uneinsichtigkeit auf gleicher Ebene kann ein Ärgernis werden, wenn
man von der Zuarbeit seines Kollegen abhängt. Sofern man zu seinem
Kollegen nicht durchdringen kann, ist der einfachste Weg, die
Überzeugungsarbeit dem gemeinsamen Vorgesetzten zu überlassen.
Falls Uneinsichtigkeit jedoch eine Charakterfrage und keine Frage
fehlgegangener Kommunikation ist, falls man es mit
jemanden zu tun hat, der beim besten Willen nicht fähig oder
willens ist, einen Fehler einzugestehen, dann kann ich leider keinen
Tipp mehr geben. Man kann langfristig darauf hinwirken, dass die
fragliche Person dahin kommt, dass sie einsieht, dass es ein
menschliches Privileg und eine Stärke ist, Fehler einzugestehen
und Irrwege zu verlassen, anstatt den Kopf als Rammbock zu benutzen und
gegen eine Wand zu rennen. Aber das kann Jahre dauern. Ein Kurs in
Konfliktmanagement kann ein erster Schritt dahin sein, aber es
wäre komisch, wenn man selbst solch einen Kurs noch nicht besucht
hat, seine Mitarbeiter aber dorthin schickt.
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letzer Update 20.6.2004 -
© Karl Scharbert